Illegal und ausgebeutet.
Ayka (Samal Yeslyamova) stammt aus Krigistan, lebt und arbeitet illegal in Moskau.
Von Zuhause hat Ayka ein Darlehen erhalten, um eine Näherei zu eröffnen. Das hat offenbar nicht funktioniert. Sie hat Schulden deswegen. Statt eine Nährwerkstatt zu eröffnen, hat sie ein Kind zur Welt gebracht.
Kurz nach der Niederkunft von Ayka setzt der Film von Sergei Dvortsevoy (Tulpan), der mit Gennadiy Ostrovskiy auch das Drehbuch geschrieben hat, ein. Er hängt sich wie die Gebrüder Dardenne an die Fersen seiner Protagonistin in einem naturalistischen oder realistischem Stil mit Wackelkamera.
Ayka liegt noch in der Geburtsklinik. Gleich haut sie ab. Hinaus in den schneeigen Moskauer Winter. Wie ein gehetztes Wild. Sie findet zu ihrem illegalen Arbeitsplatz. Viele Frauen nehmen hier von Hand Geflügel aus, säubern es vom Gefieder. Sie werden betrogen. Ihr Arbeitgeber haut ab, ohne sie zu bezahlen. Sie behelfen sich mit Naturalien.
Ayka hastet durch den Moskauer Winter zurück zum Hostel „Sonnig“, einer Absteige für Illegale. Am Telefon wird sie ständig unter Druck gesetzt wegen ihrer Schulden. Von der Geburt her hat sie noch starke Blutungen.
Sie irrt durch Moskau auf der Suche nach Jobs, sie braucht dringend Geld, oder nur nach einer Toilette. Dabei wird sie von einer Landsmännin, die in einer privaten Tierklinik arbeitet, aufgenommen, kann diese sogar für zwei Tage vertreten, weil deren Bub krank ist. Es stellen sich Probleme mit der Milch ein. Sie wird von einer Ärztin gewarnt vor Mastitis. Aykas Geldforderer tauchen auf. Sie wollen das Kind.
Ganz hält sich Dvortsevoy, den in der Produktion deutsche Fernsehsender unterstützt haben, arte und ZDF, nicht an die Konsequenz der Gebrüder Dardenne. Er nutzt gerne Situationen, um effektvolle Bilder zu erhaschen, die direkt mit der Geschichte nichts zu tun haben. Lustig oder billig kalkuliert?
Anfangs bleibt er ellenlang auf vier russisch verpackten Säuglingen, die in einer Reihe auf einem fahrbaren Wickeltisch durch Räume und Flure gefahren werden. Reiner Effekt oder: Zufall als Komik ins Bild gesetzt.
In der Tierklinik bleibt er bei Welpen hängen, die an den Zitzen der Mutter nuckeln. Eine Szene der Schnuckeligkeit für sich.
Diesem Filmemacher dürfte es um Gelder aus dem Westen gegangen zu sein. So werde ich den Verdacht nicht los, dass er Beifang geschossen hat, sei es aus der Tierklinik oder von der Razzia im Hostel, der mehr dazu dient, sich allfälligen Förderern und Filmpreisjurys anzudienen, ihnen unmissverständlich klar zu machen, wie beschissen die Situation in Russland ist. So dass jeder es versteht. Wobei das von der Hauptdarstellerin ablenkt, die mit viel Hyperventilation arbeitet, arbeiten muss.
Der Film scheint weniger einem Thema als vielmehr einem kleinen Kreis von Zielpublikum zu dienen (das Geld locker machen kann). Und niemand dürfte überrascht sein, dass sich hier das Interesse des Kinopublikums, auch des Arthouse-Segmentes, voraussichtlich in Grenzen halten wird. Nicht weil der Film zu schwierig wäre, sondern weil er zu effektberechnet scheint.