Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit – At Eternity’s Gate

Was ist ein Großkünstler?

„Er wolle ein großer Künstler werden, hat sich Julian Schnabel in der Jugend vorgenommen. Wusste aber nicht, was das ist und wie es geht.“ So fängt stefes Review zum Film von Pappi Corsicato über den Allround-Künstler Julian Schnabel an. Er hat es geschafft. Er ist berühmt, hat Geld, Haus, Familie. Er hat es zu Lebzeiten geschafft. Er leidet nicht, er muss sich kein Ohr abhauen, er wird nicht in die Irrenanstalt eingewiesen. Er ist kein Idealist.

Was fasziniert Erfolgskünstler Schnabel an Misserfolgskünstler Van Gogh?

Mit diesem Film gibt Schnabel – bewusst oder unbewusst – den Versuch einer Antwort darauf. Beim Drehbuch haben ihn Jean-Claude Carrière und Louise Kugelberg unterstützt, die Regie hat er allein übernommen.

Die erste Antwort des Filmes ist die einer emphatischen Annäherung. Einfach sich heranpirschen an dieses Künstlerleben, so weit es aus Bildern und Texten – und vielleicht aus anderen Filmen – bekannt scheint.

Bildlich versucht Schnabel sich mit einer Methode, die ruhig Copy & Paste genannt werden kann. Der Van Gogh (Willem Dafoe) sieht exakt aus, wie man die Bilder von ihm kennt. Und selbstverständlich malt er die Bilder, so wie man sie kennt. Das fängt mit den Schuhen an, über die Heidegger so trefflich reflektiert hat, geht zu den Sonnenblumen, den Landschaften, dem Briefträger, den Selbstporträts.

Die Landschaften, die sehen sowohl in den Ausschnitten als auch in den Farbkorrekturen exakt aus wie auf den Bildern. Die Geschichte vom Ohr kommt vor, die vom chronischen Geldmangel, von der Unterstützung durch seinen Bruder Theo (Rupert Friend), die Beziehung zu Gaugin (Oscar Isaac).

Selbstverständlich sprechen alle Englisch.

Die fast pausenlos in Bewegung sich befindliche Kamera soll den dokumentarischen Touch unterstreichen. Ein Priester (Mads Mikkelsen) holt Van Gogh aus dem Irrenhaus. Diesem gegenüber bestätigt er, dass er nur für die Malerei lebe, dass er für die Ewigkeit male.

Julian Schnabel bringt mehr als einmal jede Menge Van Gogh Gemälde in einer Ausstellung oder in einer Kammer zusammen, wohlkalkulierend, welch unermesslicher Wert sich da auf engem Raum zusammentürmt, während das Zimmermädchen das Bett macht.

Vielleicht ist es das, was Schnabel kitzelt, der ja zugegeben hat, dass er berühmt werden wolle, dass Van Gogh nicht nur berühmt, sondern unsterblich geworden ist, während Schnabel spürt, dass er – auch mit solchen Filmen wie diesem – eher wieder in Vergessenheit geraten dürfte. Ebenso scheint Schnabel zu beschäftigen, dass auch Jesus zu seiner Zeit wenig Beachtung fand, dass dessen Ruhm mit der Entfernung von seinem Tod erst wuchs, ins Zeitlose wuchs. Das Thema beschäftigt Schnabel. Ein dringendes, ein drängendes Thema, das Ruhmesthema?

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