Der Lärm der Gedanken.
Der Protagonist (Daniele Parisi) ist Philosoph und Lehrer. Er wacht eines morgens mit einem Ohrensausen auf. Auf dem Kühlschrank findet er einen Zettel seiner Freundin, sie sei schon in die Praxis gegangen und sein Freund Luigi sei tot und er möge bitte auf dessen Beerdigung gehen. Nur hat der Protagonist, der bei IMDb nur als „Lui“ (Er) vorkommt, keine Ahnung mehr, wer dieser Luigi ist.
Das ist der äußere Rahmen für die Geschichte dieses Tages, am dem Lui versucht herauszufinden, wer dieser Luigi war und er wird ihm eine schöne Abschiedsrede halten, ohne die Individualität von ihm wieder herausgefunden zu haben, eine Abschiedsrede auf die Einsamkeit des Menschen.
Alessandro Aronadio, der mit Valerio Cilo auch das kultursatirische Drehbuch geschrieben hat, dreht seinen Film ganz in Schwarz/Weiß und im Quadratformat mit generell statischer Kamera, die an die Luzidität der Filme des Neorealismo erinnert, diese ruhige Klarheit.
Die geistige Perspektive ist die durch die Folie eines Camus, Der Fremde, der – wegen der Sonne, wie es heißt -, völlig sinnlos einen Mord begeht. Aronadio ventiliert die Absurdität des Seins, der menschlichen Existenz. Er dekliniert das durch an Alltagssituationen von Empfang in einem Krankenhaus über das Fast-Food-Essen mit Handyselfies bis hin zum absurden Besuch bei seinem Professor Marinetti, der das Ohrensausen auch kannte und als „Lärm der Gedanken“ interpretiert, der jetzt aber degeneriert Playstation spielt, während seine Frau (Milena Vukotic) von „Lui“ keine Hilfe für das Beschneiden der Bachira Aquatica erwarten kann.
Die Stationen gehen vom ehemaligen Schüler, der sich inzwischen Privatstunden leistet, weil er ein erfolgreicher Musiker ist über den neuen Geliebten der Mutter, dessen Vorstellung von Künstlertum (und der Personalisierung von IKEA-Möbeln) und Leben mehr als diffus sind, über den Arztbesuch im Spital (hierbei noch eine groteske Geldautomatenszene), bis zum Padre (Rocco Papaleo) in der Kirche, der mit dem Kammerjäger und dessen Kampf gegen die Kakerlakenplage vollauf beschäftigt ist.
Es ist ein mondo kafkaesco, den Aronadio uns vorführt und der nachhaltig ein Pfeifen im Ohr (welches er ab und an witzig musikalisch andeutet) auslösen kann, das Sein des Menschen zur Kultur und zur Philosophie und die alltäglichen Probleme mit den anderen Menschen, wenn nur die nicht wären. So eine Menschheit kann am Ende fürs Selfie nur noch die Narrenkappe aufsetzen.
Und die Spur der Marienerscheinung hat sich doch nur als Schimmelfleck erwiesen.
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