Destroyer

Detectivin Erin Bell ist ziemlich fertig. Sie liegt im Auto unter einer Brücke in einer abstrakt planierten Landschaft. Sie muss zum Tatort. Einige Hundert Meter weiter, unter einem Starkstrommasten, liegt eine unbekannte Leiche. Polizisten in Uniform haben den Bereich mit Absperrband versehen, obwohl weit und breit kein Mensch ist.

Ziemlich mitgenommen wirkt diese mittelalte und irgendwie zierliche Frau. Sie hat Mühe mit dem Gehen. Sie schaut sich die Leiche näher an. Vertrocknetes Blut markiert den Weg in Richtung einer betonierten Flussrinne.

Am Nacken der Leiche sind wie Perlen an einer Kette schwarze Punkt von vielleicht Cent-Stück-Größe auszumachen. Im Film wird es so erzählt, dass nur Erin sie wie beiläufig, aber bewusst, wahrnimmt. Eine Pistole liegt neben der Leiche.

Erin ist die Figur, um die sich alles dreht im Film von Kary Kusama, die nach einem Drehbuch von Phil Hay und Matt Manfredi gearbeitet hat. Sie ist die Geheimnisfigur, die Rätselfigur, die der Film nach und nach aufschlüsselt.

Es stellt sich heraus, dass Erin das Opfer gekannt hat. Von früher. Das ist eine der Spuren, die zu Erin führen, zwischengeschnittene Rückblenden zur Jugend von Erin. Alkohol, Drogen, das Rumhäng-Milieu und auch eine Art Nostalgie-Part, der direkt vom Rausch der Jugend träumt und von seinen Risiken.

Der Plotfaden ist ordentliche Detektivarbeit, sich von einem Informanten zum nächsten hangeln. Den Anfang dazu bietet ein Geldschein, der von einer Farbbombe violett gefärbt ist, und der Erin bald nach der Befassung mit der offiziell unbekannten Leiche, zugestellt wird. Der führt zur ersten Zwischenstation auf dem Weg zum gesuchten Täter, dem ominösen Silas (Toby Kebbell).

Dies ist einer der Filme, wo es schade wäre, mehr vom Plot zu verraten.

Gleichzeitig ist der Film ein Atmosphärenfilm in jener unnachahmlich amerikanischen Manierismus-Marinade, die die Geschichte ohne jeden Glaubwürdigkeitsverlust auf eine faszinierend künstliche Ebene hebt und dadurch so reizvoll macht, sie gleichwohl vom Dokumentarischen deutlich unterscheidet. Mit Manierismus meine ich jene Art amerikanische Filmschauspielkunst, die immer eine Aktionseben zwischen das naturalistische Ich des Schauspielers und die Rolle einbaut, was ihr an Glaubwürdigkeit nichts nehmen muss.

Es ist ein Schwelgen im Erzählen von Geschichten, im Suhlen in einem verführerischen, widersprüchlichen Sud aus der schier magnetischen Nähe von Crime and Love, Opfer und Täter oder Täter und Cop, von Drogen, Rausch aber auch von Family.

Erin hat eine 16jährige Tochter. Dadurch wird eine intime Familiengeschichte in die übrigen Verwicklungen eingeflochten, die dann wiederum wunderbar auf den übrigen Plot spiegeln kann.

Die Regisseurin liebt dieses amerikanische Acting, das selten in Reinkultur zu sehen ist, sie lässt sich Zeit dafür und die Amis können das. Wobei Nicole Kidman nicht nur damit überrascht. Das Maskenwerk an ihrem Gesicht das ist kaum zu glauben, was das herstellt: die reine Jugendliche, hübsch, sinnlich, erotisch und die ältere Frau, die Kommissarin, die mit diesem Fall an ihre eigenen Grenzen stößt. Das ist so verblüffend, weil die Kunst der Maske und die Kunst des Acting in diesem Fall eine einmalige Symbiose eingehen. Da schaut man zweimal hin, weil man den Augen kaum trauen will.

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