Kirschblüten und Dämonen

Ganz erfrischend

schreibt Doris Dörrie, die diesen Film vielseitig gefördert gemacht hat, im Presseheft über ihre Japan-Erlebnisse, ihre Japanbegeisterung. Prosa schreiben, das kann sie.

Auch zeugt das Pressheft davon, dass sie sehr überzeugt ist von ihrem Film: „Ich möchte durch große Nähe die innere Wahrheit der Figuren erforschen …. Dadurch bekommt diese Geschichte etwas Schillerndes, Abgründiges und rührt an sehr tiefe Gefühle, die wir alle kennen: die Angst unserer eigenen Identität nicht zu genügen, uns selbst nicht wirklich gefunden zu haben. …Gleichzeitig, wie in allen meinen Filmen, entbehrt das nicht der Komik und die radikale Wendung von Karl hat, … absurde und komödiantische Züge. Eine tieftraurige Komödie also – ganz wie das Leben“.

Wozu sollen Kritiker den Film noch anschauen, wenn die Regisseurin sich selbst schon so ein Kränzchen windet? Und wozu sollen sie darüber schreiben, wenn sie das alles allenfalls schemenhaft erkennen konnten.

Weiter kennt Doerries‘ Selbstzelebrierung keine Grenzen, sie schreibt, sie habe einige Tage in einem Hotelzimmer geschrieben, in dem Ozu schon gearbeitet habe und im Film selber zitiert sie ein Lied aus einem Film von Kurosawa – alles ganz große Weihrauchlage. Und Billy Wilder hatte sie gesehen und war begeistert.

Aber dummerweise gibt es jetzt diesen neuen Film von ihr. Und der will so gar nicht zu ihrer Selbstdarstellung und Selbstwahrnehmung passen. Es mag angehen, dass sie Drehbuchprofessorin ist. Pestalozzi war ein grandioser Pädagogiktheoretiker, hat aber bei der Erziehung seiner eigenen Kindern grauenhaft versagt. Und weil sie Ozu und Kurosawa und Billy Wilder anführt, macht der Film umso schmerzlicher bewusst, dass so gar nichts davon verstanden wurde.

Begeisterung von etwas, auch von Japan, heißt noch lange nicht, es auch verstehen oder noch weniger: es plausibel mitteilen können. In ihrem Flohmarktfilm übernimmt sich Dörrie thematisch maßlos. Sie will – und das alles sind ehren- und filmenswerte Topoi und Intentionen – Japan den Deutschen näher bringen, sie will das Thema Ahnen (das Gefängnis) inklusive Gespenster- und Geisterwesen transportieren, sie will eine Familienaufstellung betreiben und sie will, das ist möglicherweise ihr erstes Interesse, das Porträt eines Mannes (Golo Euler als Karl) erstellen, der ein existentielles Identitätsproblem als Mann hat und zwar tiefergehend, also weit über die oberflächliche Differenz schwul oder hetero hinaus.

Seine Eltern haben ihn geschimpft, er sei kein Mann. Die Gespenster tauchen in seinem Geiste auf einem voralpinen Bauernhof auf. Seine Ahnen. Als Gegenmittel schickt ihm Dörrie die Geisterscheinung der Japanerin Yu (Aya Irizuki). Die ist eine Befreiungshelferin. Dank ihr läuft Karl nur noch im Kimono herum. Auch das ist Dörrie noch zu wenig Problematik. Er muss außerdem Alkoholiker sein. Zudem lässt sie ihn sein Zipfelchen verlieren und die Geschwister spielen plötzlich fürsorgliche Familie, wie er im Spital liegt.

Kurz, Frau Dörrie schafft es nicht, sich für ein Hauptproblem zu entscheiden, also die Probleme zu gewichten, und so die Voraussetzung für einen spannenden Spielfilm zu schaffen; sollte eine Drehbuchprofessorin wenigstens wissen. Dazu scheint sie aber doch zu kinounbedarft zu sein.

Stattdessen wirkt der Film mehr wie eine nette Patchworkmontage aus teils durchaus ansprechenden Bildern, mal die dazwischen geschnittenen Landschaften oder die verschwommenen Geister. Doch bereits der Anfang des Filmes ist unbeholfen, denn er stellt ein Nebenproblem, nämlich den Alk, als erstes ganz groß raus. Sie behauptet mit dieser ersten Szene: es geht um einen Trinker. Dann kommt groß die Pandamaske (der Panda Symbol des WWF) als eines von vielen weiteren Klischees, wie Schloss Neuschwanstein in der Schneekugel oder der Fujiama. Und da ist schon kein Zusammenhang mehr herstellbar.

Kritik hin oder her: Zwangsgebührentreuhänder Carlos Gerstenbauer und Harald Stenwender vom BR, Monika Lobkowicz von BR und ARTE und Barbara Häbe von ARTE waren begeistert und haben Zwangsgebührengeld für diese allenfalls netten Bild- und Themeassemblage freigegeben. Ich als Zwangsgebührenzahler fühle mich dadurch verschaukelt. Soll doch Frau Dörrie ihre versponnenen, privaten Hobbies selber und nicht aufkosten unfair erhobener Zwangsgebühren und zulasten einkommensschwacher Haushalte finanzieren – dagegen wäre nichts einzuwenden.

Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers!

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