Have a Nice Day

Der Titel sagt es, „habe einen schönen Tag“.

Aber was ist ein schöner Tag, was ist Glück, was macht den Tag lebenswert? Das ist die Frage, der Jian Liu mit diesen behutsam animierten Cartoons, die weit von der Gier nach Bilderüberfülle so manchen Hollywood-Blockbusters entfernt sind, dafür witzig, philosophisch und mit einem nachsichtigen Auge für Kreaturen an vernachlässigten Ecken der Wirtschafts- und Wachstumsindustrien nachgeht.

Der Film stellt seiner Bildreflektion ein Tolstoi-Wort voran aus „Auferstehung“* über das Streben der Menschen, die Erde zu verstümmeln, dass das alles nicht fruchtet und der Frühling doch kommt.

Ein interessante Denkelipse: der Mensch arbeitet gegen sein Glück und doch kann ihm solches blühen. Es ist der Traum des kleinen Mannes von der Million, vom Traumresort oder nur vom kleinen Restaurant (den sich ja auch Hundertausende erfüllen).

Eine solche reale Million in einer Tasche ist das Hauptrequisit, hinter dem jede Menge Menschen her sind, ein Fahrer, der oberste Boss, andere, die davon hören, einer der seiner Schwester eine Schönheitsoperation in Südkorea schenken will, da die erste missglückt ist.

Das Internatcafé „Freiheit“ spielt eine Rolle und das Zimmer 301 im Bahnhofshotel. Es gibt Gewaltakte und Menschen, die liegen bleiben. Es gibt aber auch Gespräche über die Philosophien von Steve Jobs oder Marc Zuckerberg, darüber, die Kinder in Harvard studieren zu lassen, um dem Glück nachzuhelfen, darüber, was das Schicksal mit den Menschen anfange.

Die Animation ist oft minim. Lediglich ein Augendeckel bewegt sich zu einem Gespräch oder aus dem Maisfeld sprudelt der Strahl eines Pinklers, ein Rotlicht flackert hinter Bahngleisen und Autos kommen ungebremst zum Stehen, das kann der Trick sich leisten, wozu Bremswege inszenieren, wenn das andere schneller geht und eh nichts zur Sache beiträgt?

Das Thema Freiheit wird abgehandelt genaus so wie der Traum vom starken Typen wie dem Paten aus dem amerikanischen Kino und die Erkenntnis, selbst immer der Geprügelte zu sein. Es geht um Spiritualität, Glauben, die Wirksamkeit Gottes, die Wirtschaft, um Freiheit und Markt, um die großen Träume kleiner, geschundener Kreaturen.

*„Vergeblich bemühten sich einige hunderttausend Menschen,
die auf kleinem Raum vereinigt waren, die Erde zu verstümmeln, auf der sie lebten;
umsonst erdrückten sie die Erde unter Steinen, damit nichts aufkeimen konnte;
umsonst rissen sie das kleinste Grashälmchen aus;
umsonst verpesteten sie die Luft mit Petroleum und Steinkohle;
umsonst beschnitten sie die Bäume;
umsonst jagten sie Tiere und Vögel fort;
der Frühling war, selbst in der Stadt immer noch der Frühling.“
Aus „Auferstehung“ von Leo Tolstoi.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert