The Old Man and the Gun

Gäbe es im Kino eine Kategorie Farbergé-Ei, so müsste dieser Film von David Lowery (A Ghost Story) nach einem Artikel von Davi Grann im New Yorker unbedingt dazugehören: eine große Kostbarkeit von erlesener Handarbeit, einmalig, einzig – und doch braucht es niemand. Insofern könnte man auch von Vitrinenkino sprechen. Man kauft sich die DVD und stellt sie demonstrativ in eine Vitrine. Luxus pur.

Luxus auch für Robert Redford, der es sich leisten kann, den Film zu produzieren und sich seine Hauptrolle sowie Team und Kollegen vom Feinsten auszusuchen und zu garantieren, dass alle Figuren in jedem Moment einen Untertext spielen.

Wie grinsend erzählt Robert Redford seinem Publikum aus dem Altenteil, das bei ihm keinesweges ein Ruheteil ist, die Geschichte vom Bankräuber aus Passion, als ob er sich als Schauspieler auch ein bisschen als ein unheilbarer Verbrecher vorkomme, ein Lebenskünstler (mit Stil!) auf Kosten derer, die sich ihren Lebensunterhalt hart erarbeiten.

Forrest Tucker heißt der Mann, der es nicht lassen kann, der berühmt wurde für seine vielfältigen Fluchten aus dem Gefängnis, sogar aus St. Quentin hat er es mit einem selbstgebauten Boot geschafft.

Er ist nicht nur ein Meister der Flucht, er ist auch einer der Verkleidung; immer hat er Benimm, mal mit Schnauzer, mal ohne. Die Maske schafft ihm Gesichter mit tausend Fältchen oder noch mit glatterer Haut der unterschiedlichsten Lebensalter.

Er lebt nach dem Motto ‚living“ und nicht „make a living“; im Sinne von: Lebe, um zu leben und nicht, um ein Leben zu fristen. Damals, 1981 war das einfach, als Gentleman mit einer Aktenmappe an der Hand in eine Bank zu spazieren, ganz freundlich mit dem Chef oder der Kassiererin zu sprechen, ein Zettelchen mit dem entsprechenden Text hinzulegen und mit gefüllter Tasche oder Mappe die Bank ungehindert und ohne Blutspur wieder zu verlassen.

Der Film ist aber nicht nur ein charmanter Alten-Gauner-Film, er ist dazu eine Romantic-Comedy des Alters. In Jewel (Sissy Spacek) findet Tucker seine Altersliebe, die ihm am Ende zum risikofreien Gefängnisausbruch rät.

Der Gentleman-Verbrecher hält die Polizei auf Trab. Damals brauchte die Kommunikation länger, bis zwischen Banküberfällen in ganz Amerika eine Gemeinsamkeit entdeckt werden konnte.

Herausragende Symbolfigur für diese Polizei ist Tuckers Gegenspieler John Hunt (Casey Affleck); der ist mit einer Schwarzen verheiratet, führt ein ruhiges Familienleben und sein Job scheint nicht sein Leben zu sein, also er vertritt die Position des „making a living“, er repräsentiert just die Lebensweisheit des Sich-den-Lebensunterhalt-Verdienens; obendrein leidet er massiv darunter; er bringt kaum Töne raus mit seiner Sprache, fast scheint es, als habe er das Gefühl, er entblöße sich in seiner ganzen Niedrigkeit, falls er ein Wort laut und deutlich ausspreche.

Unterlegt wird der Film von einer Tonspur mit der Diskretion eines Barpianos, Klavier, Zupfinstrumente, die auch für die diskret-lächelnde Humorlage stehen.

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