Shoplifters

Das Gros der Filme kann man relativ schnell unter einer Kategorie oder einem Genre subsumieren oder in einer Schublade ablegen.

Bei Hirokazu Koreeda (Like Father, Like Son, Unsere kleine Schwester) wird das von Film zu Film schwieriger, weil er es schafft, uns glauben zu machen, wir würden wirkliches Leben vor uns sehen, wir würden an realem, obgleich von A- Z erfundenem Leben, zwei Stunden lang teilnehmen, einem Leben, dem wir auf unseren gewohnten Wegen so nie begegnen würden.

Es scheint seine besondere Fähigkeit zu sein, ausgehend von der Beobachtung von Menschen und ihren Verhältnissen diese Glauwürdigkeit herstellen zu können. Das wirkt so, wie in der Tradition der japanischen Rollbilder oder auch bei Ozu, dass das Leben ein langer, ruhiger Fluss sei, dass es dahinplätschert und die Menschen ihr Leben ohne äußere Zwänge in einem Knäuel von Familie in einer engen Behausung verbringen.

Vater Osamu (Lily Franky) geht mit Sohn Shota (Jyo Kairi) auf gut eingeübte Diebestour. Auf dem Rückweg erbarmen sie sich eines Mädchens, das sie in einem Haus wehklagen hören und das offenbar verwahrlost und unbeaufsichtigt ist, auf Yuri (Sasaki Miyu).

Ganz selbstverständlich nehmen sie das Kind mit, kümmern sich um es, nehmen es auf in ihren Wuselhaushalt, in dem noch die Oma Hatsue (Kiki Krin), Halbschwester Aki (Matsuoka Mayu) und seine Ehefrau Nobuyo (Ando Sakura) vorhanden sind.

Bald wird auch klar, dass diese enge Familie, die oft wie ein einziger Körper wirkt, nicht unbedingt durch Blutsverwandtschaft zusammengehört. Aber der Familiensinn ist groß, was die Frage aufwirft, ob dazu wirklich die Blutsverwandtschaft nötig ist. Sie leben am Rande der Gesellschaft. Osamu arbeitet als Taglöhner auf dem Bau. Selbstverständlich sind die, wenn ihnen was passiert, nicht versichert. Eine der Frauen arbeitet als Büglerin. Sie wird mit einer Kollegin vor die Entscheidung gestellt, einer der beiden müsse gekündigt werden, zwei solch teure Arbeitskräfte seien zuviel. Es wird dann ein Ereignis eintreten, das den Mechanismus des Sozialstaates aktiviert; der meint es nun wirklich gut.

Kino, das Leben vermittelt. Und im richtigen Moment geht Regen nieder, so, dass er als das familiärste, vielleicht tröstlichste Element der Natur verstanden werden kann.

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