Frühes Versprechen – La Promesse de l‘ Tube

Von Wilna bis Mexiko

erstreckt sich dieses Biopic über den Erfolgsautor Romain Gary, der als bisher einziger Autor – und das noch unter zwei verschiedenen Pseudonymen – den begehrten und bedeutenden französischen Literaturpreis Prix Concourt zweimal erhalten hat.

Seine Lebensgeschichte, wie sie sich in diesem Film von Eric Barbier darstellt, ist vieles in einem. Biographisch die Geschichte eines erfolgreichen Literaten, aber auch ein Stück Holocaustaufarbeitung, sein Background ist jüdisch, wenn das auch nicht besonders hervorgehoben wird. Es ist eine Fluchtgeschichte (von Wilna nach Nizza – weil die Mutter bankrott gegangen ist), es ist eine Abenteuergeschichte von dem Moment an, wo Romain Kacew (Pierre Niney in der Darstellung des erwachsenen Autors) von zuhause auszieht, nach Paris geht, in die Armee eintritt und zum Schriftsteller wird.

Vor allem aber und nachdrücklich ist es eine Mutter-Sohn-Geschichte von einer schier unglaublichen Intensität. Charlotte Gainsbourg spielt diese Mutter auch gestisch als greifend. Sie verpasst ihrer Nina Kacew den Gang einer Frau, der, selbst wenn sie über Kopfsteinpflaster geht, nichts von ihrer Zielgerichtetheit verliert.

Sie will, dass aus ihrem Sohn etwas Bedeutendes wird. Er soll Botschafter werden. Das ist ein Beruf, der etwas wert ist. Das erzählt sie überall in der Nachbarschaft. Sie ist eine verhinderte Schauspielerin. Dieses Talent kommt anders zum Tragen als erwartet.

Zum Geldverdienen erfindet und inszeniert sie in Wilna die Eröffnung einer Dependence des berühmten, französischen Modeschöpfers Paul Poiret. Das ist im Film in den frühen 20ern des letzten Jahrhunderts der Fall. Sie engagiert dafür einen abgestürzten Schauspielerkollegen aus Warschau, der gut französisch spricht. Die feine Wilnaer Damenschaft lässt sich erfolgreich bluffen und bestellt ab jetzt die Haute Couture à la Nina Kacew.

Wie sie in Wilna bankrott geht, wandert sie aus nach Nizza. Dort spielt sie einem Antiquitäten-Händler so überzeugend vor, dass ihr billiger Samowar vom russischen Zarenhof stamme, dass sie auf der Stelle als Weiterverkäuferin engagiert wird.

Bald wird sie – mit mehr Bühnenaufwand denn Sachverstand – ein Hotel eröffnen. Immer hat sie ein Auge auf dem Buben. In Wilna will sie noch einen Geigenvirtuosen aus ihm machen; doch das Talent ist nicht vorhanden.

Und Romain, der Sohn? Er ist dieser durchorganisierenden Mutterliebe widerstandslos ausgeliefert. Er fühlt sich nicht unwohl dabei. Er möchte der beste Sohn der Welt werden. Er möchte der Mutter alle Wünsche erfüllen, vor allem den nach Berühmtheit. Aber in ihm steckt das Schreiben.

Großartig schildert Barbier, wie Romain eine erste Kurzgeschichte in Paris veröffentlicht – und wie halb Nizza auf den berühmten Sohn wartet, weil Mutter das so aufgebauscht hat. Aber weitere Veröffentlichungen lassen auf sich warten. Der Sohn windet sich am Telefon.

Der Krieg fängt an. Romain wird eingezogen. Er möchte Leutnant werden. Von 300 Bewerbern ist er der einzige, der nicht genommen wird. Hier sei das Jüdische der Grund.

Ihn schmerzt es, seine Mutter zu enttäuschen, auch wenn er nicht mehr zuhause ist. Eine feste Frau gibt es nicht in seinem Leben. Nur Amouren und Einzelnächte. Er lebt für die Mutter. Er erzählt ihr faule Ausreden, warum er nicht Leutnant geworden ist. Er sieht die Mutter als seinen Schutzengel. Er wehrt sich in keiner Sekunde gegen sie.

Den Beweis für die Schutzengelhaftigkeit erbringt der Absturz eines Testflugzeuges, das für die Flucht nach England genutzt werden sollte. Er verpasst den Flug, weil in diesem Moment seine Mutter anruft.

Der Film wirkt wie das volle Kontrastprogramm zu Female Pleasures, in welchem Aktivistinnen sich aus der Männerherrschaft emanzipieren. Hier ist ein Mann von einer Frau abhängig, faktisch ihr ausgeliefert. Aber das trägt ihn – irgendwie.

Es gibt einen deutschen Film mit dem Titel Frau Mutter Tier – was dieser deutsche Film verspricht, das hält der Film von Eric Barbier mit der grandiosen Charlotte Gainsbourg.

Der Film ist eingerahmt von einer Krankheitsattacke des alten Autors in Mexiko. Seine Begleiterin Lesley (Catherine McCormack) entdeckt dabei das Manuskript zu seiner Biographie.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert