Geister der Weihnacht – Augsburger Puppenkiste

Dickens-Destillat.

Dem Reiz des Marionettentheaters ist auch im Kino nicht zu wiederstehen. Das hat die Augsburger Puppenkiste schon vor einem Jahr mit Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel bewiesen. Der Film wurde damals nur an einigen Wochenenden vor Weihnachten im Kino gezeigt.

So auch wieder heuer mit der Weihnachtsgeschichte von Dickens. Die ist ganz rational auf die Moral zusammengedampft. Erst sieht man den alten Scrooge in seinem Geldzählbüro. Er hat nur Geld im Kopf und immer mehr Geld. Von frohem Fest will er nichts hören. Er will die Familie Smith bis auf den letzten Cent betreiben.

In einem kleinen Nebenraum arbeitet sein Assistent Cratchit. Er möchte ein gutes Wort für die Smiths einlegen; aber er stößt auf ein kaltes Herz. Cratchit friert und niest und hustet, denn sein Chef ist zu geizig, um anständig zu heizen; die Scheiben sind mit Eisblumen verziert. Heizen kostet ja nur. Es kommen Spendensammler vorbei. Die werden abgewiesen. Ein Hund ist ebenso unerwünscht. Immerhin bekommt Cratchit einen freien Tag zu Weihnachten.

Dann hat Scrooge einen kathartischen Traum. Der wird in allen Situationen inszeniert. Es ist ein Spaziergang durch London mit dem Weihnachtsgeist. Dieser Weg, der auch über den Friedhof führt, öffnet Scrooge die Augen für seine Herzlosigkeit. So dass am Ende ein fröhliches Fest steigt mit überbordend vielen Geschenken inklusive Rollstuhl für den Sohn von Cratchit.

Vielleicht will sich die Dickens-Atmosphäre nicht so ganz herstellen, weil Judith Garnder, die Bearbeitung und Inszenierung verantwortet, den prioritären Wert auf die inhaltliche Herausarbeitung der Dickens-Message gelegt hat (was ja ein hoher Wert ist) und nicht primär auf die atmosphärischen Imitation einer Britishness, die auf Deutsch eh schwer zu erreichen wäre (das leistet zur Zeit der britische Film Charles Dickens – Der Mann, der Weihnachten erfand). In diesem Sinne dürfte auch die Sprachregie interpretiert werden. Und wenn wir das richtig verstanden haben, können wir uns für nächstes Jahr bereits auf eine Piratengeschichte freuen, denn der zum gütigen Opa verwandelte Scrooge schenkt dem Buben von Cratchit Piraten – mit denen soll er spielen. Da freuen wir uns heute schon drauf.

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