Der Nussknacker und die vier Reiche

Ein Stück Repertoire-Kultur,

frisch verzuckerwattet von Disney. Die haben Angst, dass beim leisesten Hauch von Kritik die Zuckerwatte in sich zusammenfallen könnte. Deshalb erlässt der Verleih ein Schreibembargo im Internet bis zum Kinostarttag um 01.00 Uhr.

Spielt bei Filmjournalisten.de keine Rolle. Unsere Reviews erscheinen generell erst am Kinostarttag ab elf Uhr vormittags und dann im Halbstundenrhythmus, diese hier wird erst um 14.30 Uhr online gehen.

Bis dahin können diejenigen, die ganz heiß auf die Filme sind, diese oft auch schon am Vorabend in einer Preview gesehen haben – ohne dass eine Review einen negativen Einfluss auf das Sehvergnügen ausüben könnte (wobei nicht auszuschließen ist, dass eine Review auch zum Kinobesuch animieren könnte).

Dabei gibt es hier nicht viel, ja gar nichts auszuplaudern oder zu verraten.

Der Stoff ist klassisch und bekannt. Die Regisseure Lasse Hallström und Joe Johnston arbeiten nach dem Drehbuch von Ashleigh Powell, die sich explizit auf E.T.A. Hoffmann und auf das Ballett von Marius Petipa beruft.

Sagen wir so: bei E. T. A. Hoffmann liest sich die Geschichte doch ziemlich anders und auch anders fantasievoll. Dazu gibt es wunderschöne, klassische Balletteinlagen.

Fantasie bei Disney heißt für die Schauspieler bestimmt viel Arbeit vorm Green Screen, heißt, dass kein Pixel auf der Leinwand ohne Zuckerguss bleibt, heißt, dass Figuren, Kostüme, Räume, Paläste Landschaften aus dem bewährten Disney-Fundus aufgefahren werden, gefährliche Situationen, eine Maus, die mit Piepsstimmchen sich äußert, mystischer Wald, ein Pferd, ein Soldat in Operettenuniform (Philip, Jayden Fowora-Knight), Pilzwald, eine zuckersüß-hübsche Frau (Clara, Mackenzie Foy), Schlösser wie das Logo von Disney und – E.T.A.-Hoffmann geschuldet – jede Menge mechanischer Wunderwerke vom kleinen Wunderei bis zum riesigen Clock-Work und auch Heerscharen von per Maschine zum Leben zu erweckende Spielzeugsoldaten (ein rudimentäres Bild für KI?) – das ist eben diese andere Fantasie, die sich auf einen maschinellen Prozess beruft. Dazu gibt’s fast eine Fibel zum Thema Jahrmarktausstattung, es kommt einem die Idee von der fröhlichen Wissenschaft des Jahrmarktes (sie nennen es „die vier Reiche“).

Der Plot ist nichtsdestotrotz höchst klassisch. Clara jagt hinter einem Schlüssel her, der sie in magische Welten hineinzieht. Es gibt gute, vertrauenswürdige Figuren (Drosselmeyer, Morgan Freeman) und bösen Figuren (Mother Ginger, Helen Mirren) und solche, die erst gut scheinen und es dann doch nicht sind.

Ein klassischer, furchtloser Weg zum Ich, der auch in der gebührenden Kinozeit erfolgreich beschritten wird, da führt kein Irrweg und keine Gefahr davon weg.

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