Sweet Country

Leiharbeiter. Schwarzer Bestand.

Von der Weite und der Schönheit Australiens groß durchatmetes, leicht und smart montiertes Kino als Chiffre für Leiharbeit und rassistische Diskriminierung.

Farmer Harry March (Ewan Leslie) ist neu in der Gegend und möchte sich von Farmer Fred Smith (Sam Neill) einen Schwarzen ausleihen für eine Tag, um Zäune zu bauen. March fragt nach dem „schwarzen Bestand“ von Fred. Der versteht erst gar nicht. Denn sein Angestellter Sam Kelly (Hamilton Morris) ist ein freier Mann, so wie dessen Frau Lucy (Shanka Cole) auch. Harry bietet im Gegenzug Alkohol und Tabak an. Fred Smith kontert, auf seiner Farm gebe es weder Alkohol noch Tabak. Man ist christlich. Der gute Kolonialist. Die Farmen sind auf indigenem Stammesland errichtet.

Die „Ausleihe“ von Sam an March setzt eine Dramatik in Gang, die die Gesetze, die auch in diesem von manchen als gesetzlos betrachteten Gebiet, das sieht ja auch schön aus wie der Wilde Westen, wenn nicht noch schöner, missachtet und am Ende die britische Krone in der Person von RichterTaylor (Matt Day) auf den Plan ruft.

Sergeant Fletcher (Bryan Brown) will vorurteilshaft den Mörder Sam fangen, ihn festsetzen und hängen sehen. Er nimmt die Jagd auf Sam auf, ohne ihn erwischen zu können. Der Indigene kennt sich aus, führt den Verfolger, der ein ideales Wildwest-Haudegen-Gesicht hat, in die Irre eines malerischen Salzsees, erbarmt sich seiner.

Eine Nebenfigur in dem Spiel ist Farmer Kennedy (Thomas M. Wright), der mit den Schwarzen nicht weniger brutal umgeht als Harry March. Die Verfolger werden unterstützt von Fährtenleser Archie (Gibson John).

Eine Rolle spielt auch der Junge Philomac (Tremayne Doolan), den sein Herr gegen Archie ausspielen will.

Warwick Thornton hat die Regie geführt und stand auch hinter der Kamera und sorgt so für einen ruhigen Bilderfluss aus einer Welt ohne Handys und Internet, in der elementare, menschenrechtswidrige Ausbeutungs- und Machtstrukturen wie in einem Reinraum herauskristallisiert werden.

Das Drehbuch schrieben David Tranter und Steven McGregor. Der Grundton ist optimistisch, dass das Recht auch in die Weiten der australischen Backlands hinein Zugriff hat, dass es hier keinen rechtsfreien Raum gibt.

Im Ort wird der australische Stummfilm THE KELLY GANG gezeigt. Der thematisiert die Ausbeutung der indigenen Bevölkerung durch die Weißen. Die Figuren reiten während der Filmvorführung vor der Leinwand durch. Realität und Kinorealität verschwimmen.

Auch ein Gerichtsdrama über die die schwere Geburt der Wahrheit. Lucy, die nicht reden kann. Der Clou: die Zuschauer des Gerichtes sitzen in Liegestühlen – in denselben, von denen aus sie auch die Filme schauen.

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