Menashe

Ein ungeschickter Mensch.

Menashe (Menashe Lustig) ist ein Mann von großer Körperfülle und mit ein paar Eigenschaften ausgestattet, die gerade solchen Menschen gerne zugeschrieben werden.

Menashe lebt nach seinen eigenen Gesetzen, er ist nicht primär anpasserisch, er kommt zu spät, vergisst die Tür seines Lieferwagens zu schließen und so fallen bei der nächsten Kurve die Kartons mit dem gefrorenen Fisch auf die Straße.

Menashe fühlt sich nicht respektiert in seiner Gemeinschaft. Er arbeitet als Verkäufer in einem Supermarkt. Er duldet, dass er für sein Zuspätkommen am Abend noch den Boden wischen soll. Er nimmt sein Schicksal an, möchte sich aber bessern. Er lebt mit seinem Sohn (Rieven (Ruben Niborski) allein. Seine Frau ist vor einem Jahr gestorben. Er ist ein Mensch, der aneckt, dem die anderen Menschen, die die Regeln verinnerlicht haben, dreinreden wollen, ihm Ratschäge erteilen, ihm zu verstehen geben, dass er nicht angepasst ist.

Menashe gerät ständig in Konfliktsituationen. Von diesen berichtet Joshua Z Weinstein, der mit Alex Lipschulz und Musa Syeed auch das Drehbuch geschrieben hat, in seinem Dokufictionfilm. Das heißt, er hat Originaleinwohner aus dem orthodox-jüdisch geprägten Stadtteil Borough Park in Brooklyn, New York, für eine Geschichte gecastet, die er geschrieben hat, die sie aber in ihrem Stadtteil und mit ihrer chassidisch-religiösen Kleidung und Kopfbedeckungen und Haartrachten spielen.

Wobei Menashe auch im normalen Leben Supermarktverkäufer sei. Gesprochen wird Jiddisch mit wenigen amerikanischen Einsprengseln und auch Spanisch, dies von den Latino-Regaleinräumern im Supermarkt.

Die Grundkonfliktsituation ist die, dass die Gemeinde von Menashe verlangt, eine Frau zu suchen – und das zeigt der Film sehr schön, wie eng diese Gemeinschaft ist, wie aber diese Geborgenheit gleichzeitig auch einer totalen Überwachung und einem Dreinreden gleichkommt –, weil der Talmud sage, dass der Mensch drei Dinge brauche, ein schöne Frau, ein schönes Zuhause und ein gutes Essen; das schließt aus, dass Menashe allein mit seinem Sohn lebt. Das sei nicht gut. Entweder soll er eine andere Frau heiraten oder der Sohn muss in eine andere Familie gegeben werden.

Das fordern besonders vehement die Hinterbliebenen seiner Frau, an erster Stelle der Schwager Eizik (Yoel Weisshaus). Mit dem Ausrichten der Jahresgedenkfeier zum Tode seiner Frau will Menashe beweisen, dass er fähig ist, so eine Feier zu organisieren, den Kuchen zu backen. Die Feier fällt gemischt aus, manche der Männer mosern am Essen herum, aber der Rabbi (Meyer Schwartz) ist ein verständiger Mann.

Weinstein hat mit genauer Beobachtung einen reichen Film geschaffen, der wie dokumentarisch aus dem Leben dieser Minderheit berichtet, der aber auf jegliche Judentümelei verzichet, die gerade im amerikanischen Kino gerne kurz mal angeführt wird, weil es schick ist in einer Nebensszene zu verstehen zu geben, dass man jüdisch sei und dabei noch kurz auf den Holocaust referiert.

Besonders charmant gerade für deutsche Ohren ist das jiddische Idiom (es wird deutsch untertitelt). Und bei der Feier singt der Bub ein ganz anrührendes Lied an seine Mutter.

Die Begeisterung für das Religiöse hält sich in pragmatischen Grenzen; wie Menashe mit seinem Sohn ein Heiligenbild für die Feier aussuchen soll, beschreibt er einen Heiligen als einen, der die Mäuse verjage.

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