Alpha

Eine klassische Variante des Coming-of-Age in vollendet pathetischem Steinzeit-Edelkitsch. Worüber vermutlich gar nicht groß gestritten werden muss. Also eine Geschmacksfrage.

Der Film spielt in Europa vor 20′ 000 Jahren und einer Woche. Keda (Kodi Smit-McPhee, aufgefallen in Slow West) soll ein Mann werden und das Töten lernen. Er sträubt sich dagegen.

Einmal im Jahr bekämpft sein Stamm, der in einer Kitsch-Postkarten-Steinzeit-Landschaft lebt, in der „großen Jagd“ das „große Biest“, eine Art scharfhörniger, zotteliger Mammut. Keda hat den Mumm zum Töten nicht. Er wird einen Abgrund runtergeschleudert. Bleibt auf einem Vorsprung mitten in einer Steilwand hängen, einer Steilwand, wie sie für den Protagonisten von „Durch die Wand“ gerade die richtige Herausforderung wäre. Der Stamm hält ihn für tot.

Ein Aasgeier bringt ihn kurz vorm Aushacken des Auges ins Leben zurück. Bouldern hat er nie geübt. Er wäre beim Versuch, abzusteigen unweigerlich dem Tod ausgeliefert. Der Wettergott oder der Filmemacher Albert Hughes (The Book of Eli) der in biblischen Dimensionen denkt, und der mit Daniele Sebastina Wiedenhaupt auch das Drehbuch geschrieben hat, erfindet ein kräftiges Gewitter und Anschwellen des Tales unter der Steilwand, das grenzt an ein alttestamentarisches Wunder, so dass Leda überlebt.

Kedas Weg zurück zum Stamm wird zum Weg zu sich selbst als erwachsenem Mann mit einigen etwas zu stark kolorierten Barthärchen, der – als Selbstverteidigung – auch das Töten lernt. Sein Coming-of-Age-Begleiter und Beschützer ist der Wolf Alpha. Eine rührende Geschichte. Wolf und Boy spielen ihre Parts hervorragend.

Der Kitsch, das ist diese Ausstattung aus dem Fundus eines Völkerkundesmuseums gemischt mit den Stilansprüchen eines modernen Abenteuer-Kleidungsausrüsters und mit Folkloreschmuck zwischen Eskimo und Maori.

Dann die Lichtstimmungen zur Verklärung der Natur, die Verkünstelung der Landschaft, immer ihr die Realität und den Realismus raubend, als seien es Bilder, die fürs Museum oder die geistige Erbauung bestimmt seien; da man aus dieser Zeit eh nicht viel Konkretes weiß, ist die Fantasie frei.

Wobei die Arbeit mit den Bildern mit ihrem Hang ins überhöht Surreale (wie manche Bibel-Ikonographen es auch lieben), ihre Bereitstellung und Montage hochprofessionell passieren. Aber eben, es ist Geschmackssache. Immerhin lernen wir aus diesem Film, dass die Steinzeitmenschen zum Schwimmen Badehosen trugen, eine sicher wertvolle Erkenntnis, die auf einen hohen Grad an Zivilisierung schließen lässt. Sind ja unsere Vorfahren.

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