Der Mann, der zweimal starb (BR, Mittwoch, 16. Mai 2018, 22.45 Uhr)

Eine Millionenerbschaft

ist der Auslöser für eine Detektivgeschichte nicht ohne Unerhaltungswert vor dem grauenhaften Hintergrund des Holocaust.

Die beglückte Erbin ist die Mutter des Filmers Yair Lev, der mit David Deri auch für die Regie zeichnet, beim Drehbuch wurden die beiden zusätzlich unterstützt von Yaniv Rize Sheffy.

Wie es um die amtlichen Vorgänge zur Annahme des Erbes geht, stellt sich heraus, dass dieser Mann, Ernst Pechinsky, bereits einmal, 1987, in Innsbruck gestorben ist. Auf diesen Namen gibt es zwei unterschiedliche Sterbeurkunden bei identischen Geburtsurkunden.

Die österreichische Variante des Namens war zehn Jahre lang Präsident der israelitischen Kultusgmeinde Innsbruck. Innsbruck war in der Nazizeit ein heftig braunes Nest. Offenbar hatte dieser Mann sich in der aufkeimenden Nazizeit eine Geburtsurkunde von Ernst Pechinsky beschafft und fortan unter diesem Namen gelebt. Wieso aber sich ausgerechnet in der Nazizeit als Jude tarnen, ergibt das Sinn?

Noch merkwürdiger wird es, wie die Nachforscher herausfinden, dass der Innsbrucker Pechinsky mit einer Frau verheiratet war, die aus einer SS-Familie kam. Fragen über Fragen, Rätsel über Rätsel, wilde Spekulationen schaffen sich Raum, womöglich ein Nazi, der sich als Jude ausgab?

Für die Recherche steht Niko Hofinger. Er dürfte sehr viel zu tun gehabt haben bei den Nachforschungen, die sich über drei Jahre hingezogen haben. Die vielen Archivnamen im Abspann lassen darauf schließen, dass diese Recherchen um vieles komplizierter und aufwändiger waren, als das zu einer möglichst bündigen Story zusammengeschnittene Material vermuten lässt.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob wirklich alles spontanes Material ist, oder ob nicht manche Szenen im Hinblick auf die ganze Geschichte erst im Nachhinein gedreht wurden. Ob der Filmemacher wirklich gleich mit der Information von der Erbschaft auch seinen Film zu drehen angefangen hat? Das war ja nicht absehbar, auf was für eine Geschichte mit welch ungeahnten Wendungen er sich einlässt.

Diese storyförderliche Montage, die von Anfang an mehr weiß als der Zuschauer, und der Wille zur Verknappung der Geschichte, führt zu manchen nicht so ganz nachvollziehbaren, wie aus der Luft gegriffenen, nächsten Schritten, wo und wieso sie jetzt da oder dort weitersuchen wollen in dieser Detektivstory, die immer wieder wie vor dem Nichts steht.

Der Film liefert ein weiteres Mosaiksteinchen in der nicht enden wollenden Holocaustaufarbeitung, wobei die Enkelgeneration doch bedeutend lockerer mit dem Thema umgeht als noch die Täter/Opfer- und die Kindergeneration, so dass der Unterhaltungswert und hier der Detektivstorywert größer ist als der Bedröppelungswert – bei all dem Unfassbaren des Holocaustes.