Pawo

Tibet ist kein aktuelles Schlagzeilenthema.

Die letzte News unter google war vom 9. März 2018 zu finden, „Das verbotene Spiel“ in Zeit Online „Der Sechstligist FV Lörrach wollte gegen Tibet spielen. Bis ein DFB-Verband seine Genehmigung zurückzog. Der Freundschaftskick könnte den Partner China verärgern.“

So ähnlich dürfte es diesem Film von Marvin Litwak mit Sonam Tseten als Ko-Direktor ergehen. Es dürfen Wetten abgeschlossen werden, wir breit unsere Medien über diesen eindrücklichen Film berichten werden.

In der Essenz erzählt der Film genau dasselbe wie Transit von Christian Petzold. Von Menschen, die auf der Flucht sind, die vertrieben sind, die sich an fremden Orten aufhalten, die aufkeimende Beziehungen ihren weiteren Plänen opfern müssen (hier geht es um die Beziehung zu Tenzin (Rinchen Palzom).

Wobei Petzolds Film finanziell sicher deutlich besser ausgestattet war und Petzold mit Stars gearbeitet hat sowie sicher den eleganteren, extravangter designten Streifen (besonders die Mischung der historischen Zeitebene der Flüchtlinge und der Menschen von Heute) präsentiert, während Litwak mit Crowdfunding, Gagenverzicht und Laiendarstellern einen nicht minder beeindruckenden Film zustandebringt.

Bei Litwak kommt ein Thema hinzu, das bei Petzold keine Rolle spielt. Es geht um die Selbstverbrennung von Tibetanern als Protest gegen die chinesische Besatzung und als Ausdruck von Hoffnungslosigkeit, dem Ende aller Optionen; wobei just diese, wie die Interpretation des Todes eingangs erklärt, wieder zur Option wird, denn die Seele ist nicht aus der Welt.

Im Jahre 2012 sollen es 150 Selbstverbrennungen von Tibetern gegeben haben. Heute ist nichts davon zu hören, entweder haben sie aufgehört oder das Handelsverhältnis zu China ist zu wichtig, um darüber zu berichten und die Wut Chinas zu riskieren.

Pawo heißt auf Tibetanisch „Held.“ Der Vater von Dorjee („Shavo“ Dorjee) war ein solcher. Pawo erlebt, wie er auf dem Feld tot zusammenbricht. So kommt es zu Erörterungen des Themas Tod und was aus dem Menschen darnach wird. Das führt zu einer Auseinandersetzung auch mit seinem Bruder.

Es gibt Rückblenden mit jüngeren Darstellern in der Schulzeit von Dorjee in Tibet. Der Zwang, beim strengen Herrn Hung Chinesisch zu lernen. Die eigene Kultur können sie nur in einer Nebenklasse kennenlernen.

Als Erwachsener erlebt Dorjee Folter durch chinesische Behörden. Die Mutter entscheidet, dass er in die Emigration soll. Die Flucht aus Tibet über Lhasa, Daressalam bis in die tibetische Enklave in Dehli schildert der Film, wie es wohl viele der Flüchtlinge erleben.

Dorjeen jedenfalls schafft es bis Dehli. Er ist ein Büchermensch, bewältigt seine Welt geistig. Sein Mitbewohner und bester Schulfreund aus Tibet, den er in Dehli wieder trifft, Kelsang (Tenzin Gyaltsen) muss ihn richtiggehend überreden, auf ein Bier oder in die Disco mitzugehen.

Dorjeen ist voll damit beschäftigt, sich mit seiner Lage im Exil, mit der Lage der Tibeter, mit dem Thema von Identität und Heimat zu beschäftigen. Er steht für geistige Auseinandersetzung und nicht für Gewalt. Litwak braucht sich vor Petzold nicht verstecken, so wie er dieses existentielle Thema angeht.

Am 24. Mai kommt zum selben Thema eine Dokumentation über den Dalai Lama und gleichzeitig Hommage zum dessen 80. Geburtstag in die Kinos „Der letzte Dalai Lama?“. Auch hier kommen die Selbstverbrennungen als äußerstes Mittel der Gewaltanwendung vor.

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