Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Wo ist Shirley McLaine abgeblieben?

Die Verfilmung dieses beliebten und bekannten Kinderbuches von Michael Ende war vor einiger Zeit schon bei IMDb annonciert als internationales Projekt mit Dreh in Australien mit Shirley MacLaine als gesetztem Weltstar.

Das hat hohes internationales Niveau versprochen. So weit ist es nicht gekommen. Die Story der Realisierung des Projektes führte offenbar dazu, dass es in den Fängen und Fallen des deutschen Subventionskinos gelandet ist und glaubt, mit den entsprechenden „Namen“ Qualität zu garantieren.

Der damalige Initiant des Projektes Matthias Rosenberger taucht jetzt hinter Christian Becker, Christoph Fisser, Derrick H. Myer bei IMDb als vierter in der Produzentenliste als „executive producer“ auf. Was von seiner ursprünglichen Ambition internationalen Flairs geblieben ist, wir wisssen es nicht.

Unter der bleifüßigen Regie von Dennis Gansel ist biedere, deutsche Subventionskost aus dem fantasievollen Stoff geworden mit hölzern inszenierten Schauspielerszenen.

Nicht dass sich die Gewerke nicht reingehängt hätten mit Ausstattung, Schminke, Frisuren, Kostümen, Postproduktion und der Herstellung eines nur schwer erträglichen Dauersüßsoundes gemäß der Finanzausstattung, die bei den Heerscharen von Förderern und TV-Anstalten nicht gering gewesen sein dürfte.

Aber der Film kommt über den Skelett-Status einer Story nicht hinaus. Diese immerhin ist ablesbar – wenn auch mit typisch schwerfällig deutschen TV-Dialogen, denen jede Freude fremd ist (Drehbuch: Dirk Ahner, Andrew Birkin + 3), -, aber ihm fehlen Fleisch, Blut, Geschmeidigkeit, Sinnlichkeit, Fantasie.

Henning Baum ist in der einen der beiden Titelrollen eine krasse Fehlbesetzung. Er ist zwar äußerlich auf abenteuerliche Figur, mehr Seeräuber als Lokomotivführer, hergerichtet. Seine Stimme ist angenehm tief; drückt aber seinen Gefühlen einen Kühlschrankstempel auf. So dass überhaupt keine Beziehung entsteht zur zweiten Hauptrolle, dem Darsteller des Jim Knopf (Solomon Gordon), auch er eine krasse Fehlbesetzung, aus dem keine Neugier, keine Entdeckerfreude sprüht, kein Lebens- und Wissenshunger, der oft gezwungen wirkt, als ob das Drehen für ihne eine Qual wäre – da kann der arme Junge nichts dafür (aber sehr wohl Regisseur und Caster). Lässt sich in diesem Alter nicht ein filmaffinerer Bub finden?

Es gibt einen einzigen frisch-erfrischenden Satz im ganzen Film, der stammt von einem bayerischen Buben. Das ist der „Sacklzement“-Satz, der das Kino aus dem Dämmer aufschreckt – oh, es passiert was.

Öde ist auch die Animation von „Emma“, der Lokomotive, die sich ab und an ins Geschehen einmischt. Das passiert nur akustisch, selten mit Dampfablassen dazu, sodass oft erst nicht klar ist, dass sie Akteur wird. Warum wurde auf eine Mimik des Chassis verzichtet, wie es doch bei den Cars-Filmen höchst erfolgreich eingesetzt wird – warum müssen wir so überdeutlich klar machen, dass wir schlechter sind als Hollywood? So aber bleibt Emma totes Material, hingestellte Deko, zu der weder die Mitspieler noch die Zuschauer ein Verhältnis entwickeln; was weniger im Sinne Michael Endes sein dürfte.

Uwe Ochsenknecht grimassiert sich (inzwischen sein Markenkern?) billig und knallchargig durch die Königsrolle, generiert damit keine Reaktion im Saal; er agiert ins Leere hinaus; Fehlbesetzung auch er.

Die Inszenierung von Dennis Gansel ist nicht nur hölzern und bleiern, sie ist auch lausig. Sie verschenkt Gag um Gag. Wenn Jim mit der Steinschleuder einen Stein vor den Schuh von Herrn Ärmel (ein ärmlicher Christoph Maria Herbst) platziert und es spritzt, muss sozusagen wissenschaftlich eruiert werden, was da passiert ist und dass das ein Streich war und lustig gemeint.

Ebensowenig über das Stadium der Idee hinaus ausgearbeitet ist der Moment, wie Lukas die Lok repariert und Jim ihm das Handwerkszeug reicht. Dann zieht Jim plötzlich an einer Kette, die von oben runterhängt, daraufhin spritzt Wasser auf Lukas. Auch da muss der Zuschauer erst die Situation analysieren, bis er merkt, wie und womit Jim sich einen Spaß erlaubt hat. Miserabel erzählt von Gansel.

Oder wie einer ein Streichholz an einem Helm anzündet – ebenfalls verschenkt. Oder die anfängerhaft animierten Felsbrocken. Oder die Geschichte von der Schraube am Boden des Kessels, die nur halb erzählt wird, nicht empirisch nachvollziehbar. Noch nie einen Film von Steven Spielberg gesehen und wie er Dinge genau und nachvollziehbar erzählt, Herr Gansel?

So setzen sich die Unschärfen und Schludrigkeiten, die die Perzeption erschweren, durch den Film fort, kinematographische Wackeligkeiten, die die Synapsenbildung im Zuschauerhirn lähmen bis stilllegen, was nichts anderes bedeutet, als dass die Regie weitgehend zuschauererlebnisresistent bleibt. Womit die bestimmt hohen Erwartungen der Produzenten entsprechend runtergeschraubt werden sollten. Ein Film ohne Charme, mit einer überforderten Regie, mehreren Fehlbesetzungen, ohne Verführung zum Kino, ohne kreativen Mehrwert für den Zuschauer.

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