Unsere Erde 2

Wunderwelt-Eskapismus mit Wissensbeigabe.

Zur Zeit sind die Naturfilme gerne auch Dokumentation über den neuesten Stand der Entwicklung der Kameratechnologien und allein schon aus diesem Grund oft aufregend und spannend. Was die heute und wie vor die Linse kriegen, das ist unglaublich und erstaunt immer wieder.

Dieser Film von Richard Dale, Lixin Fan, Peter Webber nach dem Drehbuch von Frank Cottrell Boyce, Richard Dale und Geling Yan sowie um die drei Dutzend Spitzenkameramännern und vielleicht drei Kamerafrauen (eine Kim, eine Dale und eine Ann habe ich im Stabverzeichnis ausgemacht) ist allein aus diesem Grund schon sehenswert.

Zum Beispiel ein Octocopter für erstmals realisierte Luftaufnahmen von hellkopfigen Schwanzlanguren in China, so die Presseinfo, und ihre lebensgefährlichen Klettereien an Steilwänden zu ihren Höhlen, um die Nacht in Sicherheit zu verbringen.

Oder ein spezieller Kameranbau an einen Jeep, um Löwen und Zebras ganz nahe zu kommen. Oder jede Menge fernsteuerbare, versteckte Kamerafallen, die bisher nicht mögliche Aufnahmen gestatten. Allein über die Produktion des Filmes könnte bestimmt ein spannendes Sachbuch geschrieben oder ein Making-of gemacht werden.

Die Erzählung des Films orientiert sich am Ablauf eines Tages auf dem Planeten Erde, der irgendwo im Universum sich befindet und dessen Leben von der Sonne abhängig ist.

Die Erzählung hupft weltweit auf ausgewählte Schauplätze. Sie verweilt ganz ungehetzt, wenn aufregende, sehenswerte Dinge geschehen, bei einzelnen Tieren, ihren Verbänden und den Ereignissen.

Diese sind aneinandergereiht in einer magazinhaften Mischung aus hochdramatischen Geschichten; sensationell ist der Überlebenskampf der eben im Sand geschlüpften Leguane, die gleich zu einem Lauf durch eine Schlangengrube starten, nicht weniger dramatisch der Überlebenskampf eines Zebrafohlens beim Überqueren eines reißenden Stroms, ein Rivalenduell zweier Giraffen oder der Kampf der Flaggensylphe, einer Mini-Kolibriart, gegen Brummer von Bienen, die selbst wiederum Regentropfen wie einem Weltkriegsbombardement – was der Soundtrack weidlich ausnutzt! – ausgesetzt sind.

Es gibt amüsante Geschichten, die Bären, die mit dem Rücken an einen Baumstamm einen witzigen Tanz aufführen oder die Waschbären in Toronto, die Slapstickeinlagen mit Geschirr von Menschen bieten. Es gibt die hocheleganten Aufnahmen von der Eintagsfliege an der Theiss in Ungarn. Auch Liebesgeschichten fehlen nicht. Vergeblich macht sich ein Dreifinger-Faultier auf einen vermeintlichen Lockruf auf der kleinen Tropeninsel vor Panama auf den Weg und ein Leuchtkäfer lässt sich von einem Leuchtpilz hinters Licht führen.

In der deutschen Version des Filmes ist Günther Jauch als Sprecher zu hören. Er versucht, diesen Job sauber zu erledigen und bringt eine fernsehquizgeschulte Sachlichkeit auf die Tonspur. Seine Erzählstimme ist allerdings zu dünn, zu hell; auch schafft er es nicht, bei neuen Kapiteln den Szenenwechsel auf der Tonspur nachvollziehbar zu machen. Das läuft alles in einem durch, gegen die Profilierung des Filmes.

Eine Überarbeitung dieser Spur mit einem wirklich exzellenten Sprecher könnte dem Film zu größerer Nachhaltigkeit verhelfen. Der Text selber hütet sich vor kitschigem Anthropozentrismus, lässt immer wieder Infos einfließen über die Wirkkraft der Sonne, die Photosynthese und dergleichen.

Das chinesische Filmorchester spielt makellos alle Facetten eines voluminösen Filmscores von dramatisch über romantisch und Feelgood, lustig und gefährlich bis abenteuerlich.

Der Verzicht auf 3-D-Projektion ist ein weiterer Pluspunkt für den Film. Die Tierfotografie wirkt ehrgeizig, aber nicht eitel oder geschmäcklerisch.

Des weiteren spielen mit: schnellwachsender Bambus, Bienenfresser, bioluminiszenter Pilz, Erdmännchen, großer Panda, Galapagos-Racer, Indri, Langhorn-Mücke, Meerechse, Narwal (das Einhorn der Meere), Palmenflughund, Rosaflamingo, Serval, Schleiereule, Venusfliegenfalle, Virginia-Uhu, Weißrückengeier, Weißspitzenriffhai, Zügelpinguin, Zwergmaus (die hat gerade gejungt).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert