Kommentar zu den Reviews vom 28. Dezember 2017

Schöne Weihnachtsgeschenke. Glücklich schätzen kann sich, wer für einen dieser Filme eine Karte geschenkt bekommt! Der Glückstreffer ist eine französische Culture-Clash-Komödie um den Inhalt einer Burka, ebenfalls in Frankreich wird Van Gogh reanimiert und der Oper den Puls gemessen. In Amerika wird der Eid des Hyppokrates in Sippenhaft genommen. In Skandinavien agiert der liebenswürdigste Bär, bestimmt ein Verwandter von Paddington. Aus Kirgistan kommt schöner Kulturpessimismus. Im TV gab es dünne, fade Böhmerwaldsuppe und einen zu kurz gekommenen Gernstl.

Kino
VOLL VERSCHLEIERT – CHERCHEZ LA FEMME
Eine Burka, die Fantasien auslöst – aber der Zuschauer weiß mehr!

LOVING VINCENT
Wie Van Goghs Bilder das Sprechen lernten.

THE KILLING OF A SACRED DEER
Knirschgeräusch im Lack bürgerlichen Arzt-Glanzes.

OPER. L’OPERA DE PARIS
So wuselig und quirlig wie ein Ameisenstaat.

BAMSE: DER LIEBSTE UND STÄRKSTE BÄR DER WELT
Mit Honig die Welt für den Frieden bestechen.

DIE FLÜGEL DES MENSCHEN
Sesshaft werden bedeutet für Nomaden, die Flügel gestutzt bekommen.

TV
DER BÖHMERWALD – EINE WILDNIS MITTEN IN EUROPA
Wenn das alles ist, was der Böhmerwald zu bieten hat, dann ist es ziemlich mau um ihn bestellt.

GERNSTL UNTERWEGS – WO SIND DIE BAYERN?
Die Degustationsausbeute für Gernstl wird magerer.

Voll Verschleiert

Desinteressierte Liebe.

Voll verschleiert‚ ist die fehlindizierende Übersetzung des französischen Originaltitels, der heißt „Chercherz la femme“, was soviel bedeutet, wie ‚die Frau suchen‘.

Der gscherte deutsche Titel lässt auf eine dumpfe Culture-Clash-Komödie schließen. Völliger Trugschluss, blanker Irrtum. Selten war – und da bietet die französische Filmkultur schon einen guten Nährboden dafür – der Culture Clash so witzig und wie nebenbei in einer spannenden Geschichte serviert.

Wobei auch ‚Cherchez la femme‚ meines Erachtens den Content nicht vollumfänglich wiedergeben kann. Er trifft partiell zu, indem eine der Hauptfiguren, Mahmoud (William Lebghil), tatsächlich nach seiner Islamisierung in Afghanistan und Vollbart-Rückkehr nach Frankreich an sexuellem Frust leidet und sich, wie es das Objekt seiner Begierde später formuliert, vollkommen ‚desinteressiert‘ verliebt.

Und auch der deutsche, plumpere, Titel hat mit dieser Liebessehnsucht zu tun: denn das Objekt der heterosexuellen Liebessehnsucht von Mahmoud ist voll verschleiert und er darf es nach streng islamistisch ausgelegter Meinung vor der Heirat nicht sehen noch berühren.

Unter dem Schleier allerdings steckt Armand (Félix Moati). Er ist der Geliebte der aufgeklärten jüngeren Schwester von Mahmoud, von Leila (Cemélia Jordana). Sie bewirbt sich gerade für ein Praktikum bei der UN in New York.

Da kommt Mahmoud vollislamisiert zurück. Das ist heftig, wie er seine Schwester unter seine Knute zwingen will, wie er ihren Pass verbrennt, sie in ihr Zimmer wegsperrt. Da fällt ihr und Armand der Trick mit der Burka ein.

Im Presseheft beschreibt die Autorin und Regisseurin Sou Abadi, die als Cutterin und Dokumentaristin gelernt hat, wovon der prima Schnitt und die exakte Beobachtung erstlassig profitieren, dass der iranische Machthaber Rafsanjani in einem Interview erzählt habe, dass er sich während der Revolution in einem Tschador als gläubige Frau verkleidet habe, um der Polizei und den Schahs zu entkommen.

So dürfte auch vielen anderen, verblüffenden Szenen, eine empirische Geschichte zugrunde liegen, keine Kopfgespinste. Und auch die Guten, die Eltern von Armand, die in der iranischen Botschaft leben, Darius (Predrag ‚Miki‘ Manojlovic) und die Feministin Mitra (Anne Alvaro), erkennen zumindest, dass sie wohl während der Revolution im Iran Fantasmagorien nachgerannt sind und diverse Dinge fehleingeschätzt hätten.

Betörend an diesem Film ist nicht nur seine Beiläufigkeit, sein Verzicht auf fingerzeige Moral-Allüre, sein erzählerischer Drive, sondern auch dass mit einem plumpen Verkleidungsgag im Sinne der Brüder der Klamotte, heutige und gestrige, intellektuelle und relgiöse Einstellungen aufeinanderprallen, die fein herauspräpariert sind und immer ihre Folgerichtigkeit haben, so dass nie der Eindruck entsteht, die Geschichte würde lediglich erzählt, um ethisch über den Islamismus zu richten.

Kleine Pointe, wie Mahmoud die SIM-Card vom Mobiltelefon seiner Schwester verschluckt, gibt sie ihm zu bedenken, dass darin Schweinegelatine verarbeitet sei. Von leisester Komik: die Eltern von Armand kommen dahinter, dass der sich mit dem Islam beschäftigt und vermuten, er sei bereits heimlich bekehrt, da sie entsprechende Litertur bei ihm gefunden haben, nichtwissend, dass er diese für seine Burka-Rolle braucht. Daraufhin tischen sie Schweinefleisch auf. Urkomisch, wie er sagt, er möge Sauerkraut nicht und wie die Eltern das interpretieren.

Oder wenn Armand seinem Anbeter Mahmoud mit verstellter Stimme schöne Verse zitiert und der fast zerfließt vor Gläubigkeit und Erleuchtung und Armand ihm anschließend sagt, das sei von Victor Hugo.

In so einem Film versteht es sich wie von selbst, dass das Casting und die Arbeit mit den Schauspielern großartig sind. Wobei es das Vergnügen nicht mindert, dass sich die zahlreichen Subtilitäten und kleinen, aber feingearbeiteten Szenen, immer mehr zu einer Hit-and-Run-Klamotte hochschaukeln. Denn der Liebeshunger von Mahmoud ist ein ernst zunehmender, dramatischer Motor.

Die Flügel der Menschen

Pferde sind die Flügel des Menschen (kirgisisches Sprichtwort).

Kirgisistan ist für uns nicht unbedingt ein bekanntes Filmland. Deshalb vielleicht unterstützen europäische Länder wie Frankreich, Deutschland (ZDF und arte) und Holland Projekte aus diesem Land, die uns etwas erzählen, wobei mir manchmal nicht klar ist, ob es mehr darum geht, den Europäern etwas im Sinne ihrer eh schon vorgefassten Meinung zu berichten oder ob es darum geht, mit so einem Film, kulturelles Bewusstsein im eigenen Lande zu artikulieren.

Das Drehbuch von Aktan Arym Kubat (Der Dieb des Lichts), der auch die Regie führt, und von Ernest Abdyjapa birgt jedenfalls genügend förderungswürdige Elemente.

Wie schon beim Vorgängerfilm geht es wieder um einen Dieb. Hier aber nicht im Hinblick auf die moderne Technologie wie Elektrizität, sondern im Zusammenhang mit kirgisischer Nomaden-Mythologie und der Message, dass diese durch die Sesshaftwerdung und den Anschluss an die moderne westliche Welt dem Untergang geweiht ist.

Das Sprichwort, das Kubat an den Anfang seines Filmes stellt, ist selbstverständlich ein nomadisches. Die Figur, die den Verlust dieses Erbes charakterisiert, ist der Kentaur, so heißt der Titel in der Originalsprache. Der Regisseur selbst stellt ihn dar, den Kulturpessimisten. (Er vermittelt eine ferne Wesensverwandtschaft mit Charles Bronson mit den listigen Äuglein). Er lebt mit einer taubstummen Frau zusammen, Maripa (Zarema Asanalieva). Die beiden haben einen Buben.

Karabay, der Bruder des Kentaurn, ist ein erfolgreicher Pferdestallbesitzer und Geschäftsmann, hat ihn, weil Kentaur mit 50 noch nicht verheiratet war, mit der Frau zusammengebracht. Aber Kentaur ist nicht erfolgreich, baut zwar an einem Haus. Aber er ist auch verführbar durch das alkoholische Getränk Maksym und dessen Verkäuferin. Die Gegend ist nicht so dicht besiedelt, dass das nicht bemerkt würde.

Der Kentaur leidet unter der Sesshaftigkeit. In ihm leben die Geister seiner Nomadenvorfahren auf, er stiehlt teure Reitpferde, reitet mit ihnen wild durch die Nächte und lässt sie dann wieder frei. Die Pferdebesitzer sind nicht amused. Sie stellen ihm eine Falle. Daran ist auch der kleine Dieb Sadyr (Ilim Kalmuratov) interessiert, der gerne und fälschlich verdächtigt wird. Wie er gefangen wird, muss in offener Dorfversammlung verhandelt werden, was mit ihm passieren soll.

Auch das Moment des missionierenden Islam findet Eingang in den Film. Karabay verspricht den drei Missionaren die Hadsch zu bezahlen, falls ihre Gebete dazu führen, dass er sein Reitpferd Lord wieder zurückerhält. Und, filmaffin, der Kentaur war früher Filmvorführer. Der Nomade als Filmvorführer. Bei ihm zuhause hängen Filmplakate, „Der rote Apfel“ des kirgisischen Regisseurs Tolomov Okeev.

The Killing of a Sacred Deer

Horror der bürgerlichen Existenz.

Stilistisch konsequent (Kamera, Score, Acting) tischt uns der Grieche Yorgos Lanthimos (The Lobster: eine unkonventionelle Liebesgeschichte) eine neue Horrorgeschichte auf, diesmal hochglanzamerikanisch im Vergleich zum noch eher kruden Lobster.

Lanthimos zerstört, wie wenn einer mit harten Fingernägeln bei einem Rolls Royce den Lack zerkratzt, die makellose bürgerliche Welt des Haushaltes der Arztfamilie bestehend aus Nicole Kidman als Anna Murphy, Colin Farrell als Steven Murphy, ihres Sohnes Bob (Sunny Suljic) und ihrer Tochter Kim (Raffey Cassidy), indem er Martin (Barry Keoghan) dort auftauchen lässt.

Mit Martin hat es eines besondere Bewandtnis. Sein Vater ist bei einer Operation, die Steven an ihm vorgenommen hat, gestorben. Steven behauptet zwar, dass in solchen Fällen generell der Anästhesist schuld sei, also sein Kollege und guter Bekannte Matthew (Bill Camp).

Eine prima zu erinnernde Szene, die offenbart, wie Lanthimos inszeniert, zeigt die beiden befreundeten Ärzte nach einer Operation durch einen langen Flur des Krankenhochhauses gehen. Dieses steht in Cinncinnatti, wo der Film gedreht wurde. Die Kamera, die sich nie auf Augenhöhe der Darsteller befindet, und die immer sowohl Boden als auch Decke der Räume zu erfassen versucht, oder beim Außendreh sowohl Straße als auch Himmel, fliegt über deren Köpfen vor ihnen her (sie liebt aber auch die Gegenbewegung oder die Bewegung auf zwei sich nähernde Protagonisten zu, um sie an einer Biegung abzuwarten und dann hinter ihnen her zu schweben) oder nimmt die Position ein, die Raumüberwachungskameras gerne haben.

Das Gespräch der beiden geht über Uhren, wie tief hinunter sie wasserdicht seien, was besser sei, Leder- oder Metallarmband, das sind ihre ausführlich behandelten Themen nach einer anstrengenden Herz-OP.

Die Uhr wird eine weiter Rolle spielen bei der Charakterisierung des Verhältnisses von Steven zu Martin. Dieses bleibt vor der Familie vorerst geheim. Aber Martin drängt immer mehr zur Familie. Steven stellt ihn den Familienmitgliedern vor. Martin freundet sich an mit Bob und Kim.

Lanthimos klaubt wie mit einer Pinzette Themen hervor, dreht und wendet sie vor dem Zuschauer als etwas ganz Besonderes, so die erste Blutung von Kim oder das Thema Ejakulation, Mannwerdung, Haare unter der Schulter und an der Brust zwischen Martin, Steven und Bob, dem jüngsten in der Familie, während Kim schon 14 ist und Martin sogar 16. Der ist eine ganz spezielle Figur mit einem höchst undurchdringlichen Gesicht, eine Haltung eher wie ein Stier, der gleichzeitig zu einer Art Gutmütigkeit neigt, der nicht leicht zu vereinnahmen ist, der durch das Leiden am frühen Tod seiner Vaters, vielleicht auch dadurch, dass er mit seiner Mutter zusammenlebt, sich als etwas Besonderes fühlt, nicht als einer wie alle anderen, auch mit einer besondern Mission, wie sich herausstellen wird.

Diese besondere Mission ist nichts Schönes. Die fängt an, das geordnete und geplante Leben der Arztfamilie zerstörerisch aufzuwühlen. Martin gibt zu verstehen, dass er über übersinnliche Kräfte verfügt, er prophezeit Horror und Horror tritt ein.

Der Horror nimmt einen Verlauf, der ihn zwar beendet, aber irgendwie auch einfach auslaufen lässt. Das mindert nicht die superelegante Qualität der Kinoschrift von Lanthimos und seinem hervorragenden Team, die den Kinofreund zum Schwärmen bringen kann.

Lähmung der bürgerlichen Oberschicht, die offenbar nur mit ihrem eigenen Wohlergehen und der Einrichtung im großzügigen Landhaus beschäftigt ist.
Destruktion der schematischen Lebensweise der bürgerlichen Oberklasse, der Ärzteklasse, der Götter in Weiß: Götterdämmerung. 5-Sterne-Horror.

Oper. L‘ opéra de Paris

Ein ziemlich verrückter Organismus.

Empathisch begibt sich Jean-Stephane Bron, der Dokumentarist, anfangend in der obersten, der Direktionsetage, in den nie erlahmenden Betrieb der Pariser Oper. Sie umfasst zwei Häuser, eine Ballettkompagnie (darüber hat Frederick Wiseman einen Film gemacht: „La Danse – Das Ballett der Pariser Oper, den man nur immer wieder zitieren kann; aber Jean-Stephane Bron braucht sich mit seiner wachen Präsenz nicht zu verstecken) und eine Oper, die beide pro Saison an die zehn Neuinszenierungen herausbringen, die Unmengen Geld verschlingen, so dass die Preise bald für den Normalbürger nicht mehr erschwinglich sind.

Die Eintrittspreise sind weit über der Inflation gestiegen in den letzten Jahren, das ist eines der Themen, die von der Direktion besprochen werden. Erst geht es um die Saisoneröffnung mit dem Staatspräsidenten. Das ist das Pech von Dokumentationen, wenn sie Staatspräsidenten einbauen; wenn der Film ins Kino kommt, ist meist schon ein anderer am Ruder, hier im Film darf noch Francois Hollande den Toplogenplatz einnehmen.

Auch das ist ein Problem, wen neben den Staatspräsidenten setzen. Attraktive Frauen, das ist ok. Aber der Operdirektor, das geht dann doch nicht, denn wenn was schief läuft, muss er eventuell aufstehen – und das geht ja auch nicht.

Das sind Details, mit denen Bron es schafft, eine große Glaubwürdigkeit und Nähe zu seinem Objekt herzustellen. Er streift in Windeseile durch die verschiedenen Sparten. Es gibt eine angegliederte Akademie, die den Sängernachwuchs pflegt.

Sein Beispiel ist ein junger, verträumt-ästhetischer Russe aus einem Dorf im Ural, der über Weimar nach Paris für eine zweijährige Weiterbildung geholt wird. Ihn sehen wir bei der Begegnung mit einem berühmten Sänger. Ihn sehen wir, wie er bei einer Vorführung aus der Seitengasse zuschaut, lernen will, beim Üben, bei der Korreptition, wenn er sich frustriert fühlt nach einem Auftritt im kleinen Saal oder beim Entgegennehmen von falschen oder echten Komplimenten von Fans.

Ein Betrieb mit so vielen Leuten wirft immer Probleme auf. Es grummelt im Ballett, es grummelt im Chor, Streik liegt in der Luft. Die Oper droht, aufgerieben zu werden zwischen dem Druck der öffentlichen Hand zum Sparen und zum mehr Produzieren, den Anforderungen der Künstlergewerkschaften und dem erwähnten Preisproblem bei den Karten.

Eine Aktion, die der Oper Resonanz verschaffen soll, ist das Orchester mit den Migrantenkindern aus der Banlieu. Darüber gibt es einen eigenen Spielfilm: La Melodie – Der Klang von Paris.

Bron ist gerne bei Proben dabei, Ballett, Chor, Sänger, aber auch von Aufführungen gibt es Impressionen aus dem Zuschauerraum genau so wie von hinter der Bühne, kleine Beobachtungen, die Frage der Garderoberin, ob die Sängerin sehr schwitze, oder Leute an Schaltpulten, die die Oper mitsingen, just in dem Moment, wie kurz vor Ostern ein Tenor sich krank meldet und einer aus Tirol eingeflogen werden muss, ein Ritt über den Bodensee gewissermaßen.

Oder Vorstellungen müssen umdisponiert werden wegen Streiks. Besonders angenehm fällt auf, dass Bron die Künstler und Mitarbeiter mit Interviewfragen verschont, dass er höchstens als Zeuge bei einem Interview dabei ist. Er lässt das Objekt seines Interesses sprechen, das ist reichhaltig und verrückt genug und verzichtet konsequent auf Gelaber, das ist ihm hoch anzurechnen.

Es gibt riskante Inszenierungseinfälle, die kleine Stories abwerfen, wie das Casting eines Stieres für die Inszenierung von Moses und Aron. Easy Rider hat die Rolle bekommen – verdient!

Loving Vincent

Doppelte Annäherung an Van Gogh.

Outstanding, als würden die Bilder Van Goghs selber anfangen zu sprechen.

Vincent van Gogh hat sehr spät erst mit Malen begonnen, dann innert weniger Jahre über 800 Gemälde gemalt und zu Lebezeiten soll er nur ein einziges verkauft haben. Heute erzielen seine Gemälde auf Auktionen Millionenpreise.

Dorota Kobiela und Hugh Weichman nähern sich dem berühmten Maler auf doppelte Weise. Bildlich gesehen haben sie ein raffiniertes Verfahren angewandt: sie haben mit Originalschauspielern Szenen aus seinem Leben nachgedreht; diese wurden in der Postproduktion auf Schwarz-Weiß verändert; das ist der illustrierende Rückblendenzugang zum Künstler.

Als Hauptstory erzählen sie die Geschichte von Armand Roulin (Douglas Booth), dem Sohn des zuverlässigen Postboten Joseph Rouland (Christ O’Dowd), der nach dem Tod Van Goghs einen Brief von diesem an seinen inzwischen auch verstorbenen Bruder Theo ausliefern soll.

Diese Geschichte dient dazu, dem Leben von Van Gogh Geheimnis zu verleihen, indem die Befragungen auf der Suche nach dem Adressaten durch Armand widersprüchliche Hinweise auf dessen Tod und auch auf dessen Leben geben.

Dient die Geschichte dazu, Geheimnis zu schützen, so dient die Bildersprache dazu, sein künstlerisches Geheimnis zu offenbaren. Auch hier wurden die Szenen mit Schauspielern gedreht. 100 Künstler haben diese Bilder einzeln coloriert, angemalt und zwar in der Malmethode von Van Gogh, also mit kurzen farbigen Strichen, wobei überwiegend eine Kombination aus verschiedenen Farben ineinander diesen wunderbaren Effekt ergibt, durch welchen die Bilder Van Goghs so in Erinnerung bleiben. Van Gogh kinematographisch reanimated. Die Schauspieler flirren aus diesen Einzelbildfarbstrichen wie lebendig gewordene Gemälde, weil nicht ein Bild exakt gleich wie das andere koloriert ist.

Durch die Recherche erfährt Armand, der in malerisch gelbem Jackett gezeichnet ist, einiges über das Leben Van Goghs in Südfrankreich von Ärzten und Psychologen, Dorfbewohnern und auch, dass sein Bruder Theo ihn finanziert hat und von der unerfreulichen Begegnung mit Gaugin, der ihn besucht hat.

Die Umstände seines Todes erfahren verschiedene Interpretationen und Deutungen. Der Film wird auf diese Art zum Unikat einer Künstlerhommage, die versucht, sich in dessen Sicht der Welt hineinzufühlen. Die deutsche Synchro nimmt einen kränkelnden Ton auf, die angeschlagene Gesundheit Van Goghs berücksichtigend.

Bamse – der liebste und stärkste Bär der Welt

Das Böse muss im Kinderfilm vorkommen. Und es muss besiegbar sein.

Diese Animation für kleinere Kinder in der Regie von Christian Ryltenius nach dem Drehbuch von Rune Andreasson, Johan Kindblom, Tomas Tivemark fängt mit einer befriedeten Welt an.

Bamse, der sympathische Bär, hat alle Übeltäter, es geht hier vor allem um Diebstahl, mit Honig bestochen und ruhiggestellt in ihren Verbrechensambitionen. Er selbst wird donnerstark dank dem Donnerhonig von Oma. Stark im Sinne einer Staatsmacht, die für Ordnung im Wimmelreich der Tiere sorgt.

Ein Bösewicht ist ihm allerdings ausgekommen. Es ist Reinhard (und merkwürdigerweise nicht Reinecke) Fuchs.

Zum Geburtstag der Schildkröte – sie selbst zeigt wenig Interesse am Feiern, da es ihr bei ihrem hohen Alter auf ein paar Jahre nicht ankommt – überreicht Bamse ihr mit seinem Hasenfreund Hopser einen leeren Karton mit einer Einladung zu einem großen Fest.

Reinhard Fuchs kommt dem in die Quere. Er spinnt eine durchtriebene Intrige, will in den Tieren den Instinkt zum Übeltun und Stehlen wieder wecken (sie seien gebravte Langweiler geworden!) und er nimmt die Oma gefangen, womit der Nachschub an Donnerhonig für Bamse – und damit seine Donnerkraft – wegfällt.

Dann überfällt Reinhard Fuchs mit seinen neugewonnenen Spießgesellen einen Güterzug mit Süßigkeiten, koppelt die Wagen ab, durchbricht mit denen die Schranke zum Land der Trolle, um an einem sicher geglaubten Ort das Diebesgut zu verzehren.

Bamse, die Schildkröte und Hopser finden zum Glück dank der neuesten Fernrohrkonstruktion der Schildkröte (erinnert an das Finden von Personen dank Gesichtserkennung im The Circle) das Versteck der Oma und machen sich auf den Weg, gefolgt von der kleinen Maus mit weiteren Getreuen, um Bamse das einzig übrig gebliebene Glas Donnerhonig zu bringen.

Das wird eine gefährliche Abenteuerreise mit vielen kinderfilmtypischen Risikosituationen, die die Tiere zu meistern wissen mit Mut, Geschick und Glück, denn wer sich nichts traut, der gewinnt nichts.

Die Zeichnungen sind lustig und fröhlich, die Bösen schauen grimmig oder bullig oder spitz. Die deutsche Synchro passt erstklassig und es macht Freude, zuzuhören. Die lustige Zuckelbahn muss über hügelige Gleise fahren, die gezeichnete Welt ist bunt, aber nicht überladen. Manche Gesichter sind sogar mit ungewöhnlich feinen Strichen charakterisiert – kein Wunder, die Zeichnungen wurden in Taiwan angefertigt.