Whatever happens

Niels Laupert, der hier für Regie und Buch steht, möchte uns zeigen – ja, was will er uns denn zeigen?

Er will ein Wort von John Lennon illustrieren, dass das Leben just da passiert, wo nicht unsere Pläne sind „Life is what happens while your are busy making other plans„.

Im Film selber kommt in einer Business-Schulung das Bild vom Gorilla vor. Der Seminarteilnehmer soll bei einer Ballspieleszene einer schwarzgekleideten gegen eine weißgekleidete Mannschaft auf die Anzahl gespielter Bälle achten. Derweil tanzt hinten ein Gorilla durchs Bild. Wer hat ihn gesehen? Es scheint, als wolle Laupert diesen Gorilla inszenieren.

Vielleicht eine arg theoretische Fundierung für einen Spielfilm. Das zeigen, was man gerne übersieht. Dann verpatzt Laupert auch noch den Einstieg.

Die erste Szene ist eine reine Illustrationsszene: eine Wohnungsauflösung, ein Umzug, vieles ist schon gepackt. Es stehen noch leere Umzugskartons einer Speditionsfirma herum. Es ist Hannah (Sylvia Hoeks), die am Boden kauert. Julian (Fahri Yardim) kommt dazu.

Die nächste Szene geht darum, wer, was mitnehme und was wem gehört. Das wird nicht ausdiskutiert. Wie Laupert sowieso lieber die Andeutung, den kurzen Wischer über eine Szene bevorzugt, als dass er ein nachvollziehbares Handlungsgerüst aufbaute. Logisch, er will ja den unsichtbaren Gorilla inszenieren.

So ist der Zuschauer mit einem Weichtier, einer Molluske von Drehbuch konfrontiert, ohne Skelett, ohne Handlungsskelett. Viel Filmförderung und wenig Konflikt.

Die Erzählung hupft 7 Jahre zurück, wie die beiden sich bei einer Wohnungsbesichtigung kennenlernen. Wie sie sich spontan als Paar ausgeben, da der Vermieter Paare bevorzugt, weil die nicht so viel Party machen.

Das inszeniert Laupert so, dass vollkommen klar ist, dass jetzt die Partys richtig losgehen. Aber Hannah muss für ihren Magister lernen. Sie braucht Ruhe. So richtig wird der Konflikt nicht ausgetragen. Schon nach einer halben Fimstunde ergeht der Film sich in Liebesszenen der beiden. Sie wird schwanger. Kurz die Geburt. Und schon ist das Kind 7 Jahre alt.

Es ist eine erfundene, typische Klischee-Beziehungskiste, die Details interessieren nicht – und somit auch die Geschichte nicht; es geht ja um den Gorilla im Hintergrund. Hannah arbeitet irgendwie international, ihr Traum ist New York. Die Psychologie der Beziehung geht nicht über Lieschen-Müller-Level hinaus. Sie bleibt kleinkrämerisch. Er spielt den Hausmann. Er ist Fotograf. Im Haus zieht eine neue Frau ein. Sie hat ein kleines Lokal. Seitensprung. Dabei sind Hannah und Julian gar nicht verheiratet.

Die Rahmenhandlung, die alles andere als stringent und spannungserzeugend gebaut ist, spielt vor dem Polterabend des Freundes Georg (David Zimmerschied). Hannah und Julian müssen bis Mitternacht, es ist der Sylvesterabend, im Smoking und im Abendkleid nicht nur die Reste packen, wobei es auch keine richtige Übersicht darüber gibt, wieviel da noch zu tun ist – wer große Gedanken wälzt hat keine Zeit, sich mit Kleinigkeiten zu beschäftigen, wer den Gorilla sucht, verpasst die Handlungsstränge – und auch streichen wollen sie Wohnung noch.

Wobei es peinlich ist, wenn Hannah in mehreren Szenenschnitten immer an der exakt gleichen Stelle den Farbroller auf und ab führt.

Das Gegengewicht gegen diese elementaren Defizite von Storytelling und Konfliktbuilding, das noch verschlimmert wir durch eine maximale Überschminkung der Gesichter, was den offenbar inszenatorisch beabsichtigten TV-Realismus noch komischer ausschauen lässt, das ist der dominierende Charme und die Darstellerlässigkeit von Fahri Yardim, der auch die Mitspieler ansteckt. Fans von ihm haben das Glück, ihn an die 100 Minuten auf der Leinwand sehen zu können, auch nackt momentweise – aber zu schön geschminkt ist auch er, das wirkt süßlich.

Schwerfällige Story. Drehbuchschreiben missverstanden als das Erfinden von illstrierenden Szenen zu einer behaupteten, nicht nachvollziehbaren Story. Gorilla-Ablenkungssätze?: Ich geh dann mal unter die Dusche. Ich hab in 8 Wochen Examen, vorher schaff ich das nicht (wieder auszuziehen). Der Job ist ne Riesenchance für mich. (selbstreferentiell zum Film:) Was passiert, wenn Kommunikation nicht klappt, dann passiert nämlich gar nichts. Ich hab noch die Schlüssel, ich werf die kurz ein.

LeadershipWorkshop (dem Regisseur wäre ein Drehbuchworkshop zu empfehlen). Die Musik dümpelt im Kielwasser von John Lennon, nostalgisch.

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