Die Vierhändige

Hochverdichtet komponierter, dunkel-düsterer Bildercocktail mit Motiven aus dem Horror- und Trashgenre zur Illustrierung alptraumhaft traumatischer Folgen eines Kindesheitserlebnisses der Schwestern Jessica (Friederike Becht) und Sophie (Frida-Lovisa Hamann).

Sie müssen mitansehen, wie ihre Eltern in ihrer Wohnung, in der die beiden Mädchen gerade Klavier üben, ermordet werden. Allerdings ist dieser Satz ein Spoiler, denn Oliver Kienle, Autor und Regisseur des Filmes, vergeheimnisst, verhuscht die Erzählung, so dass aus dem Film in der ersten Phase mehr Bilderrätsel denn eine Bildergeschichte wird, ein Film, der erst mal zu versuchen scheint, jede Klarheit zu beseitigen.

Dies und die im Gegensatz dazu präzise Inszenierung der Darsteller erweckt einen akademischen Eindruck. Das erschwert zunächst den Zugang, umso mehr als auch beim Licht kräftig gespart wurde, bewusst nehme ich an.

Nach der kurzen Exposition folgt ein Sprung von 20 Jahren. Die beiden Waisenmädchen sind erwachsen. Sie werden nach allen Regeln der Horrorkunst verfolgt von dem Kindheitserlebnis.

Dabei weist der Titel „die Vierhändige“, als die Einzahl für zwei Personen, die zusammen an einem Klavier spielen, auch auf ein Identitätsproblem hin, das der Autor seinem Horrorcocktail beimischt, welche ist die Gestörte, welche die Normalere, welche braucht Behandlung und Tabletten, welche schlägt brutal zu („Sie sind auf einen Polizisten los, haben rumgebrüllt, es sah nicht nach einem Plan aus“), bei welcher scheitern die therapeutischen Behandlungen, welche versaut sich administrativ ihr Vorspiel in einem schönen Konzertsaal, welche ist auf einem Schrottplatz zugange, welche bandelt mit dem traumschiffschönen Arzt an, welche hört sich immer wieder einen letzten Anruf von welcher an.

Zu viel Beschreibung würde zu viel verraten, zumindest lässt sich sagen, dass es sich hier um distinguierten, fast elegant zu nennenden Bildermix handelt – allerdings ohne jeden Erkenntniswert, wobei sich einem das Wort des Kunstgewerbes auf die Zunge drängt. Oder ein Film, der versucht, die Gestörtheit traumatisierter Wahrnehmung nachzuempfinden?

Einseitiger Weisheitssatz: Trauer sei etwas komplett Egoistisches, weil man versuche, ohne Schuldgefühle weiterzuleben. Der Film scheint auf Schuldgefühle fixiert, denn die Vierhändige fühlt sich schuldig am Tod der Eltern, wohl eine psychologische Konstante in solchen Fällen. Und dann der eher snobistische Text: „Wer ist Verrückter? Die Verrückte oder der in die Verrückte Verknallte“, hm, nicht unbedingt Jahrhundertsätze. Vielleicht doch nur ein Cocktail für Liebhaber des Spezialgrusels.

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