The Big Sick

Comedy und Koma.

The Big Sick, der die das große Kranke (nicht Lebowski), diese Krankheit ist wohl jene der Menschheit, dass sie so gar nicht mit sich zurechtkommt und dadurch den prächtigsten Nährboden für die Comedy bereitet. Und das macht sie aus, das unterscheidet sie von der RomCom (in die sie just hier am Schluss wie von Zuckerwatter verführt, wie eine Zauberblume sich verwandelt), von der Sitcom, vom Historiendrama, vom Drama, von der Komödie, vom Horror und der Dokumentation, dass sie Realität nur beschreibt, nur zitiert und so den Zuschauer wie eine Jury damit konfrontiert.

Dazu passen die großen Augen des Comedian Kumail Nanjiani, eines Pakistani. Sie sind in Momenten mit denen von Mr. Bean zu vergleichen, der auch nur sich wundert, in welche Welt von Missgeschicklichkeiten er hineingeboren worden ist.

Das Koma, was in diesem Filme vorkommt, könnte so eine hinterlistige Doppeldeutung erhalten, es ist der Zustand der Comedy, die nicht handeln kann in der Welt, sie nicht verändern kann, sondern nur sie zu beschreiben versucht, eine Art handlungsrelevantes Wachkoma.

Das Koma ist aber auch Vorwand, komödienhaft einige Begriffe moderner Medizin und ihrer Absicherungsvorkehrungen einerseits und den modernen Patienten andererseits und dessen Absicherungsvorkehrungen mittels Internet (was ist eine Thorakonzentese?) und Krankenhausrankings, sich vorzunehmen, diese zitierend und wie unter einer Lupe vergrößernd. Ein Nebenkapitel davon ist der Krebs oder was alles Hinweis auf Krebs sein kann.

Drittens ist das Koma ein dramaturgischer Trick, um einige Umgebungsarbeiten zur Liebe des Comedian Kumail zu Emily (Zoe Kazan) zu erledigen. Zum einen den Culture Clash in der eigenen Familie auf die Spitze zu treiben (die verfolgen stur die Politik der arrangierten Heirat – fragt der Comedian später zurecht, wozu sie denn auswandern, wenn sie ihre ganzen Bräuche und Sitten mitnehmen), zum anderen Brücken zu bauen zu seinen potentiellen Schwiegereltern Terry (Ray Romano) und Beth (Holly Hunter), einer Liebe, die dazu dient, die Beziehungs- und Bindungsängste der modernen Liebenden durchzudeklinieren (Dates nur alle zwei Tage).

Das Thema Wahrhaftigkeit gehen Film und Comedy mehrschichtig an. Erst spielt Kumail auf der Bühne alle Klischees von Vorurteilen gegen Pakistanis durch mit dem klaren Hinweis auf den Klischee- und Vorurteilscharakter. Dann zeigen die Einblicke in Kumails Familienleben, dass alles noch viel krasser ist, als das Klischee vermuten lässt (dass er zwar ‚betet‘, aber er zieht sich dazu nur in sein Zimmer zurück, übt Cricket und nach 5 Minuten begibt er sich wieder in den Schoß der Familie).

Auch der Comedien lügt privat, weil er seine Familie liebt. Stand-up-Comedy-Trockenheit zeigt sich am schönsten in der Antwort auf die Klischeefrage, was er, der Pakistani von 9/11 halte: „Eine Tragödie, wir haben 15 unserer besten Kämpfer verloren. – Das war ein Witz.“

Comedy ist jedenfalls eine todernste Angelegenheit, das wissen wir spätestens seit Entertainment oder seit Comedy, hier bei Kumail allerdings nicht zynisch-gallig, hier doch getragen vom vielleicht noch etwas naiven Glauben, mit Unterhaltung etwas bewirken zu können, nicht ohne Hoffnung, auch für sich selber Erfolg zu haben.

Der Film von Michael Showalter nach dem Drehbuch von Emily V. Gordon und Kumail Nanjiani ist in Chicago angesiedelt. Ein Club für Stand-up-Comedians spielt eine durchgehende Rolle und ist für Backstage-Impressionen gut. Kolllegin Mary (Aidy Bryant) und CJ (Bo Burnham), wollen, dass Kumail mit ihnen nach New York geht.

Ob Kumail uns mit seinem Film die Wahrheit erzählt oder ob er bloß gut unterhält, das zu beurteilen bleibt dem Zuschauer überlassen

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