Wenn Gott schläft

Freiheit und Einschüchterung.

Shahin Najafi ist ein Vollblutmusiker, Rapper, Sänger, Gitarrist; ein Mann mit Starqualitäten und Millionen von Fans im Iran und unter Exiliranern.

Er selbst lebt im nicht ganz freiwilligen Exil in Deutschland. Als Kind war er gläubiger Moslem, er sollte sogar, aus einfachen Verhältnissen stammend, Mullah werden. Mit 13 fingen seine Zweifel an der praktizierten Religion an, im Militärdienst sah er, wie das Regime gegen Andersenkende vorging.

So weit wären die Voraussetzungen für einen üblichen Musikfilm, ein Musikerbiopic gegeben. Wenn da nicht die Fatwa der terroristischen Mullas aus Teheran wäre. Mit einem Song hat Shahin den Zorn von diesen so erregt, dass sie ihn wie einsten Salman Rushdie mit einer Todesfatwa belegt haben, ihn zum Abschuss nicht nur freigegeben, sondern sogar empfohlen haben.

Aus diesem Grund lebt Shahin untergetaucht, seine starke Türschließvorrichtung von innen ist mehrfach im Film zu sehen. So wird aus dieser Dokumentation von Till Schauder ein Undercover-Film, begibt sich der Film selbst in unserem freiheitlichen Land in das Fadenkreuz der Todesdrohung, denn die Mullahs wünschen ausdrücklich, dass Shahin sich an keinem Ort der Welt mehr sicher fühlen solle.

Das hat Konsequenzen für seine Mitmusiker. Die leiden unter den immer wieder konspirativen Umständen, fühlen sich selbst nicht mehr sicher. Und solche die abspringen, die verhelfen den Mullahs dazu, dass sie erfolgreich sind mit ihrem Ziel, das Sicherheitsgefühl auch in unserem Lande zu erschüttern.

Für so einen Film kommt nur eine leicht bedienbare, schnelle Handkamera in Frage, die weitgehend auf establishing Shots verzichtet. Die Silhouette von Köln findet aber trotzdem immer wieder schön den Weg in den Film.

Es gibt auch öffentliche, hoch gesicherte Auftritte von Shahin in kleineren Veranstaltungsräumen aber auch in der Philharmonie von Amsterdam. Zwischendrin kommen terroristische Anschläge in Frankreich als News auf den Computerschirm, Charlie Hebdo und der Rockkonzertanschlag.

Die Möglichkeit wird erwogen, anlässlich der offenen Grenzen für Flüchtlinge 2015, dass damals unkontrolliert auch Terroristen und mögliche Attentäter einreisen konnten, was die Lage für Shahin nicht gemütlicher macht.

Der Zuschauer wird konfrontiert mit der Frage, wie weit er selbst sich von einem ausländischen Regime erpressen lassen würde, wie schnell lassen wir uns einschüchtern, wie schnell ziehen wir den Schwanz ein, wenn jemand mit Gewalt droht? Wie wichtig und bewusst ist uns die offizielle Freiheit in unserem Lande, die das Resultat eines jahrhundertelangen Prozesses ist?

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