Austreten

Staatskrise in Bayern wegen Bieselns.

Wie die Meerjungfrau sitzt sie auf einem bayerischen Gipfelstein, dann platscht’s und sie sagt als erstes Wort im Film: Scheiße. Das Notdurftthema wird den Film noch durchgängig beschäftigen, gewollt, ungewollt.

Zurück im heimatlichen Gefilde im Tal deuten die ersten Dialogfetzen auf die Unterscheidung zwischen Bayerisch und Preussisch hin. Es ist Kathi, die jetzt zur Schule muss. Traktoren, Jeeps, Kirchen, gestandene Bayern, Flugaufnahmen um die Kirche, die mitten im Agglomerationsort steht, das sind die Bilder. Ratespiel mit Zettel am Kopf. Song: i bin a Bayer, an echter Bayer.

Mediensatire, Politsatire, Bayernsatire und alles nur, weil der Ministerpräsident bei einer Konferenz mal muss, da hat grad einer die Frage gestellt, was er zu machen gedenke, „austreten“ murmelt er vor sich hin. Das löst einen Mediensturm, politische Zerwürfnisse aus, hetzt ihm eine Pressemeute auf den Hals, Papparazzi. Das abstrakte Wort verleitet zu den gegenteiligsten Interpretationen. Wie geht es weiter mit Bayern?

Schelmisch, frisch von der Leber weg, unbekümmert und in den herrlichsten bayerischen Mundarten – und andere bis hin zum Österreichisch kommen auch vor, man ist ja tolerant – erzählen Andreas und Tanja Schmidbauer dies und die sich daraus ergebenden Verwicklungen.

Der ganze Clan des Ministerpräsidenten Hans Reitmayer (Markus Böker) wird involviert, Ehefrau, Kinder (ein Sohn und eine Tochter), die leben in WGs, haben Kumpels, Freund, Freundin. Der Medienzirkus sucht die Eltern und die Schwiegereltern heim. Die wohnen verstreut in Bayern auf einer Alm oder in Franken.

Reitmayer kann sich dem Angriff nur durch Flucht im Auto eines Paketzulieferers entziehen. Aber die moderne Kommunikationswelt von Handys und Blogs deckt das Inkognito schnell auf.

Der Film ist in dieser lockeren Story wie eine Ansammlung bayerischer Anekdoten und Sprüche, ein Spiegel der feinhumorigen Abteilung dieser Lebensart vermengt mit einem Schuss derber Bauernschläue und viel Herzlichkeit.

Er nimmt ganz unverbissen und in keiner Sekunde bösartig oder beleidigt, sondern mehr mit einem Augenzwinkern ’so sehen wir unser Land‘ die bayerische Lebensart auf die Schippe. Biedert sich in keiner Weise an, ist nicht auf Schenkelklopfer bedacht.

Der Nachteil des Urigen, das recht unverfälscht rüber kommt, ist vielleicht für den Nicht-Bayern ab und an, dass es mit dem wörtlichen Verstehen nicht ganz so leicht ist, akustisch-sprachlich. Aber da das Motto eh ist „Ma sagt ja nix, ma redt ja bloß“, spielt das keine relevante Rolle.

So ein Film kommt jedenfalls pfiffiger, sympathischer und glaubwürdiger rüber als so manch bayerischer ZwangsgebührenFernsehkrampf wie Hindafing oder Falsche Siebziger.

Das prächtig aufspielende Ensemble versammelt gleichberechtigt bekannte Namen und weniger bekannte: Christine Eixenberger, Peter Rappenglück, Barbara Weinzierl, Thomas Kress, Stephanie Liebl, Hubbi Schlemer, Eisi Gulp, Uli Bauer, Lena Apelroth, Constantin Merk, Robert Ehlis, Roland Hefter, Volker Heißmann, Saskia Vester und last not least legt Veronika von Quast einen remarkablen Auftritt als österreichische Politikerin hin (eine reife Altersrolle für die ehemalige Kanal-fatal-Lady; Caster: aufgemerkt!).

Mit Musik von Deschowieda, Django 300, die Spritbuam, Anzwies Muse, Mundwerk Crew, Heischneida.

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