Meine Cousine Rachel

Die exzeptionelle Gemäldehaftigkeit dieses Filmes von Roger Michell scheint der Psychologie des Romanes von Daphne Du Maurier fast den Rang abzulaufen.

Düsteres Gemäuer-England in Pferdekutschenzeit, grüne Wiesen am Rande steil abfallender und dank der Flut immer weiter abbrechender Klippen.

Allein die Räume, so wie sie inszeniert und beleuchtet sind, lassen spüren, was die alles an Ungeheuerlichkeiten, an unglaublichen Geschichten zu erzählen hätten. Man hört sie förmlich flüstern und tuscheln.

Die Geschichte vom Waisenknaben Philip (Sam Claflin) passt stimmig hier herein. Sein begüterter Cousin Ambros nimmt ihn auf seinem Landsitz auf, kümmert sich um ihn wie um einen Sohn, Zuneigung und Verehrung sind gegenseitig und bedingungslos. Cousin Ambros zieht wegen einer Erkrankung in die Toskana.

Der Kontakt wird über Briefwechsel aufrechterhalten. Ganz unerwartet verliebt sich Ambros in eine Frau, in Rachel (Rachel Weisz). Allerdings geben die Briefe zusehends einem Misstrauen Rachel gegenüber Nahrung und da Philip doch – vielleicht ist es ein Besetzungsmanko – ein eher einfach gestrickter Mensch zu sein scheint, der ganz so oder ganz so ist und nicht ein abwiegelnder Zwischentönler, wächst sich sein Misstrauen schnell und unreflektiert in radikale Ablehnung dieser Frau aus.

Dann stirbt Ambros. Philip ist als Erbe des beträchtlichen Vermögens ausersehen, darf dieses aber erst mit 25 antreten. Bis dahin steht er unter Vormundschaft von Parson Pascoe (Andrew Hawill), Oberhaupt einer benachbarten und befreundeten Familie.

Der Besuch von Rachel wird angekündigt. Michel steigert mit seinen filmischen Mitteln die negative Erwartungshaltung maximal, Philip ist auf ein Scheusal, auf eine Mörderin, eine Schlange, auf alles Negative, was sich in einer Frau vorstellen lässt, vorbereitet und er will ihr den entsprechenden Empfang bereiten; seine Ablehnung grenzt an Besessenheit.

Rachel konterkariert spielend leicht dieses Ansinnen, entwaffnet Philip bei der ersten Begegnung mit ihrer Leichtigkeit, ihrem Charme und ihrer Nonchalence. So findet in Philip eine 180-Kehrtwende statt, aus dem Todfeind, Verteufler und Hasser wird ein glühender, ebenso radikaler Verehrer, geblendet.

Und das scheint mir etwas einfach in diesem Film, dadurch wirkt die Figur zu simpel, der Gang der Dinge allzu absehbar. Philip lässt der Dummheit seiner Handlungen freien Lauf, hört nicht auf Vormund oder Anwalt, läuft mit offenem Visier in die Gifthände dieser Frau.

Vielleicht ist es ein Kollateralschaden dieser meisterhaften Gemäldehaftigkeit der Bilder, dass hier ein psychologisches Moment fehlt, was auch Spannung erzeugen könnte, ob er wirklich so dumm ist, so verblendet; er ist es zu deutlich, zu eindeutig; so ist der Sache zuzuschauen, wie einem Stein, der fällt und man ist vielleicht einzig gespannt, was passiert, wenn er auf den Grund aufschlägt.

Wobei die Geschichte da noch ein Volte übrig hat, aber die bleibt akademisch – vielleicht auch, weil der Film zu eindeutig auf dieser Vorurteilsschiene von Philip fährt.

Kinokunst mit dem Pli klassischer Ölgemäldekunst. Welche Bilder allein der alte Diener Seecombe (Tim Barlow) abgibt oder die beiden Töchter Pascoe, wenn sie ein deutsches Lied singen. Dann wieder ein poetischer Spazierung von Philip und Rachel in einem lichten Wald mit lauter blauen Blumen. Kinokunst beim Suhlen im Bilderrausch.

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