Gut gedacht. Gut gemacht.
Es geht um ein grunsätzlich medienerkenntnistheoretisches Problem, um die Frage, wo fängt im Fernsehen die Lüge an. Es ist eine beachtliche Leistung von Arman T. Riahi, der mit Aleksandar Petrovi und Faris Rahoma auch das Drehbuch geschrieben hat, so ein schwieriges Problem so unterhaltsam aufzudröseln, wenn auch nicht zu lösen oder bis ins Letzte hinein zu untersuchen.
So viel ist sicher, das Migrantenklischee bringt Quote. Auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. Die Versuchung, nach Quote zu schielen ist mächtig. In Wien bietet sich dafür das Migrantenviertel Rudolfsgrund an.
Das Team um Moderatorin Marlene Weizenhuber (Doris Schretzmayer) will dort eine Reality-TV-Doku drehen. Auf der Suche nach Protagonisten stößt sie auf Benny (Faris Rahoa) und Marko (Aleksandar Petrovic).
Diese beiden sind bestens integriert – wobei hier der Begriff „bestens“ gleich wieder der Relativierung bedarf, insofern, als sie die Überlebensprobleme eines jungen Start-Up-Unternehmers, dem dauernd eine brutale Charge von Gerichtsvollzieher nachstellt, und eines Schauspieltalentes, das von Casting zu Casting rennt, haben.
Ein blöder Zufall will es, dass das Fernsehteam die beiden entdeckt, wie sie gerade aus Quatsch ein paar Laute Kanaken-Deutsch rauslassen. Für das Fernseh-Team ist somit der Beweis für ihren Instinkt und für die richtige Besetzung zweifelsfrei erbracht.
Die beiden Jungs steigen umgehend auf das Spiel ein, wittern ihre Chance, spielen die desintegrierten Ausländer mit mangelhaftem Deutsch, ein paar Aussprache- und Grammatikfehler reichen zur Bestätigung des Vorurteils.
Wobei die Diskrepanz zwischen Wunschrealität des Fernsehteams und der vorgespielten Realität der Fake-Darsteller dem eingeweihten Zuschauer nicht entgehen kann und wie sie konfligieren, was die Darsteller in einem bewunderswerten Drahtseilakt meistern.
Nach der Ausstrahlung der ersten Folgen zeigt der Film genüsslich die offenbar immer noch mächtige Wirkung und Wichtigkeit des Fernsehens auf. Die Serie bringt den Rudolfsgrund durcheinander, schürt Emotionen und Protest, bringt die beiden Fake-Darsteller in Nöte.
In einer arg locker zu Faden geschlagenen Einbruchskomödie als drittem Akt gelingt es den beiden Verursachern sowohl von Turbulenzen als auch Quote, ins Funkhaus einzudringen – es kann sich vom Protzenbau her nur um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk handeln – und in der Sendezentrale ihre eigene letzte Folge der Serie einspielen und ausstrahlen zu lassen.
So bringen sie auf den letzten Metern alles wieder ins Lot. Wenn abgebrühte Fernsehtechniker in der Sendezentrale dabei plötzlich wach werden und mit entzückten Mienen die Bilder verfolgen, so müssen die Filmemacher einiges richtig gemacht haben. Aber wie es sich für erstarrte Strukturen wie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ebenfalls gehört: den Preis für die Sensationssendung nimmt strahlend Frau Weizenhuber entgegen.