Ins Eingeweide der Liebe gleuchtet.
Ana (Diana Cavallioti) und Toma (Mircea Posteiniciu) sind das Liebespaar, das sich Regisseur Calin Peter Netzer vornimmt, der auch mit Julia Lumanare und Cezar Paul-Badescu das Drehbuch nach dessen Roman ‚Luminita, mon amour“ verfasst hat.
Von Netzer stammt der Film Mutter und Sohn der laborhaft eine existenzielle Beziehung unter die Lupe nimmt.
Jetzt das Phänomen Liebe oder wie es möglicherweise verstanden oder auch missverstanden werden kann. Tom ist voll überzeugt davon, dass er viel Zeit und Energie in die Liebe zu Ana investiert. Ana hat psychische Störungen, schwere, muss dauernd Medikamente nehmen, ihr kann es in einer Operaufführung eng werden und sie muss den Saal mitten in einer Arie und gefolgt von ihrem Mann verlassen.
Es sieht in vielen Szenen so aus, als setze sie ihre Krankheit zum Terrorisieren oder mindestens Dirigieren ihrer Umwelt ein. Es bleibt Toms Geheimnis, warum er bei ihr bleibt. Er hat schon eine Ehe hinter sich. Warum die gescheitert ist, dürfte er sich nicht gefragt haben. Bei den Problemen mit Ana geht sie ja zum Psychiater oder zur Psychiatrin und nicht er. Anfangs. Da hat Toma noch dieses erotisch schwarzlockige Haar, er sieht aus wie ein Romantiker, ihm gefällt der Sex mit Ana. Und er dürfte dem Publikum gefallen.
Der Eindruck trügt wohl nicht, dass es ihm vor allem um seine Lust geht. Ausgestellt lässt aber Netzer das nicht darstellen. So einfach macht er es dem Zuschauer nicht. Er pickt sich aus Momenten, die über Jahre der Beziehung verteilt sind, immer wieder relevante heraus. Er verzichtet auf die Einblendung von Jahreszahlen.
Einzig die Rückentwicklung der Haartracht von Toma, die aus dem verführerischen Jüngling einen Halbglatzkopf macht, der teils die Resthaare bemüht über die Oberfläche verteilt, gibt einen Hinweis.
Storymäßig wird das plausibel gemacht dadurch, dass der Film beim Psychiater anfängt, bei dem Toma auf der Couch liegt. So sind die Blicke auf sein Leben reflektive Blicke zurück. Die Begründung dafür, warum er überhaupt den Psychiater aufsucht, wird so geliefert. Denn damit, dass Ana dank der psychiatrischen Behandlung eine Selbstbewusstseins- und Selbstständigkeitsentwicklung durchmacht, kommt Toma nicht klar, er wird misstrauisch, eifersüchtig (auf wen?), paranoider darin.
Toma hat sich zu sehr in der Rolle Investor in Patientin bequem eingerichtet (seine Mutter unterstützt das und lobt ihn, er habe immer ein gutes Herz gehabt – schwieriger Begriff im Zusammenhang mit dem Thema Liebe). Womit der Film als ein mögliches Fazit die These in Frage stellt, Liebe als Investition zu sehen. Dabei muss es nicht bei dieser These bleiben. Netzers Psychodurchschauerei, clevererweise in der Gebrüder-Dardennes-Methode eines Sozialrealismus dargestellt, erzählt ganz nah am Leben dran schlicht von einer komplexen Angelegenheit namens LIEBE.