Dalida

Eines der emotional berührendsten Künstlerporträts der letzten Jahre im Kino.

Lisa Azuelos (Ein Augenblick Liebe und lol) hat mit Sveva Alviti als Dalida eine Protagonistin gefunden, die die extreme Bandbreite der Gefühle von Glück, Verliebtheit, Glück mit Männern bis zur Unerträglicheit des Lebens dieses Gesangsstars genau so glaubwürdig transportiert wie die hochprofessionellen Starauftritte in Shows.

Eine Darstellerin, der man ihre Jugend abnimmt, die von Schlägen zuhause und Gemobbtwerden wegen Sehschwäche geprägt war. Ihr Vater war italienischer Musiker, der in Kairo lebte. Aber das ist lange nicht das einzige Pfund, mit dem Lisa Azuelos wuchert.

Es fängt beim Drehbuch an, das die Lieder oder Schlager, die Dalida sang, stets auch als Schilderung ihrer Lebenssituation sieht, was ihr mit die hohe Glaubwürdigkeit verliehen haben dürfte, was mit dazu beitgetragen haben dürfte, nebst ihrer einprägsamen Stimme, dass sie Millionen von Schallplatten verkaufte in einer Zeit, als Musik noch nicht über jedes Handy verfügbar war, in der Schlager noch eine gesellschaftliche Relevanz im Sinne eines Gassenhauers, den jeder kannte, erlangen konnten.

Azuela spart das Tragische in diesem glanzvollen Leben nicht aus. Sie fängt 1967 an, wie Dalidas Freund Luigi Tenco (Alessandro Borghi) seinem Leben ein Ende setzt und Dalida in Depression verfällt, die in einen Selbstmordversuch mündet.

Dann springt sie zurück in der Geschichte nach 1956, zum Beginn ihrer Karriere und der Liaison mit dem Produzenten Lucien Morisse (Jean-Paul Rouve).

Es folgen Rückblicke in die Kindheit in Kairo, ein Mädchen mit einer gesichtsentstellend dicken Brille für eine entsprechende Sehschwäche und dem eingeredet wird, dass es hässlich sei.

Dann arbeitet sich Azuelos vor in dieser Achtberbahn der Biographie immer mit den entsprechenden Songs, die in voller Länge original eingespielt werden, weitere Männer, Liebhaber, Verehrer: vom Philosophen (der sich mit Heideggers Sein zum Tode beschäftigte) über Jean Sobieski (Niels Schneider), den Boehmien, bis zum Grafen von Montmartre, Richard Chanfray (Nicolas Duvauchelle).

Auch diese Besetzungen wie alle übrigen scheinen gezielte Glücksgriffe zu sein und werden von der Regie her traumsicher durch ihre Rollen geführt.

Die leichthändige Mise en scène als auch die entsprechende Schilderung des Zeitkolorites sind ein weiterer, starker Punkt in diesem Film aus einem Guss, der letztlich von der Persönlichkeit der Sängerin Dalida getragen und wohl auch gefordert wird, dieser spannungsgeladene Mix aus persönlichem Schicksal und kompensatorisch dazu dem Ausdruck in der Musik.

Einige der Songs: Ein Gebet, Bambino, C’etait le temps des fleurs, Ich weiß nicht, Was die Liebe ist, Die harte Straße, Mi Ricordo, ricordo que, Je suis malade, Mit der Zeit entschwindet alles, Encore les mots (Parole, Parole), Besame Mucho.

Eine kongeniales Biopic von Seltenheitswert.