Kraftwerk / 3-D Der Katalog (DVD)

Keine Anbiederung ans Publikum, kein Fishing-for-Compliments, keine Mitmach-Mitklatsch-Aufforderung, das Werk steht im Zentrum der hohen Konzentration der vier Männer von Kraftwerk (Wikipedia), die uniform gekleidet, roboterhaft, hinter ihren Synthesizern stehen, während der Sound aus Dolby-Atmos von allen Seiten auf die Zuschauer eindonnert und die 3D-computeranimierten Bilder überall im Raum umhersausen über und unter und hinter und vor den Musikern und durch diese hindurch.

Und kein Statement-Blabla, kein Nähkästchengeplaudere, keine Mäuschenperspektiveneinblicke, kein Adabei-Gelabere; das Werk selbst ist die Doku, 12345678 von Kraftwerk (Website), kataloghaft aneinandergereiht, die Clips dieser Computer-, Techno- und 3D-Pioniere, die längst in den wichtigen Museen der Welt Aufnahme gefunden haben. 77 Minuten Kraftwerk pur.

Das veröffentlicht heute Warner Music/Parlophone: „neue Aufnahmen der kompletten Kraftwerk-Meisterwerke 12345678 unter dem Namen Kraftwerk / 3-D Der Katalog auf Blu-ray, DVD, Vinyl, CD und als Download“.

Am vergangenen Dienstag wurde diese Dokumentation in einem halben Dutzend deutscher Städte in je einer Kinovorstellung präsentiert, in München im Cinema.

Kunstwerk ist sicher der richtige Begriff für diese Musikstücke mit Computergraphik, die sich immer um wenige Begriffe um einen brisanten Zusammenhang herum kondensieren. Die Themen waren Reizthemen, Themen der Zeit (Kraftwerk fing in den 70ern an). Über die Autobahn, da fahren, überholen sich, kommen einander entgegen: ein Mercedes mit der Nummer D KR 74 und ein VW mit der Nummer D KR 70 animiert über endlos-monotones Straßenband, aufgenommen aus den verschiedensten Perspektiven und das wichtigste am „Gesangstext“ ist das Wort Autobahn. Es spiegelt sich in dem Clip die Technisierung, am Horizont Industriesilhouetten, die Autobahntrasse, die sich unsensibel in die Landschaft legt, diese durchtrennt.

Wie Kraftwerk sowieso von der Technik begeistert und fasziniert ist, das zeigt sich im Film über den Trans Europa Express, heute ein wahres Museumsstück, damals topmodern oder an der Erfindung des Techno „Poing – Boom – Tschak, Techno-Pop“; wobei auch hier wie neulich bei Romuald Karmakars Denk ich an Deutschland in der Nacht schon erwähnt, sich bereits der „gleichbleibende Rhythmus der niedrigen Wertegemeinschaft einer Party“ sich abzeichnet.

Kraftwerk ist fasziniert von computergenuinen Zahlenreihen (durchaus in der Nähe von Hanne Darboven zu sehen; siehe demnächst die Review über „Timeswings“), von Maschinen und Robotern (Semi Human Being), ist schockiert über die Unfälle mit Radioaktivität (Tschernobyl, Harrisburg, Sellafield, Fukushima), sieht Musik als Transportmittel für Ideen und mixt zum Tape über die Tour de France radfahrerstoßatemdurchdrungenes Archivfootage.

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