Die Weibchen (DVD)

Galliger Geschlechterhumor
(eine filmische Besonderheit aus Deutschland).

Der Horroralptraum vom Kuraufenthalt einer traumatisierten Frau, die Schlechtes mit Männern erlebt hat.

Oder ein Vorwand für den Filmproduzenten Luggi Waldleitner, den Regisseur Zbynek Brynych nach einem Drehbuch von Manfred Purzer nach einer Idee von Igor Sentjurc ein zeitgenössisches Frauenbild schwelgerisch zu entwerfen – ein Hauch Fellini. Da sind die exklusiven Traumfrauen, deren Existenzsinn sich erschöpft im Frausein im Sinne des Schönseins in neckisch mondän-elegantem Outfit und denen daraus psychische Probleme erwachsen, die Nerven, die Nerven; diese lassen sie im bayerischen Voralpenland in der feinen Klinik von Dr. Barbara behandeln (Frauen mit Neurosen).

Auf den Sitzbänken und in den Gassen des Kurortes finden sich verbrauchte Hausfrauen. Es gibt suffragettenhaften Feministinnen, die im Kurpark Randale veranstalten; ihr geistiger Leitfaden ist im MÄRZ-Verlag erschienen, die Bücher mit den gelben, knalligen Umschlägen: „Manifest der Gesellschaft zur Vernichtung der Männer“. Sie veranstalten Demos mit BH-Verbrennungen und entsprechender Augenweide für das männliche Publikum. Auf ihrer Spruchwand rufen sie das Ende der Stiefellecker-Kultur aus und dass der Mann eine unvollständige Frau sei.

Uschi Glas ist das Zugpferd, damals schon hübsch und vor allem aufgedonnert von Maske und Make-Upe, literweise Wimperntusche und Lidstrich, ganz gestylt nach italienischen Filmgöttinnen wie Sophia Loren oder Claudia Cardinale und den entsprechenden Klamotten sowie dem Bewegungsablauf und mit groß ummalten Augen fotogen in die Welt schauend; ein Leinwandstar der Zeit.

Uschi Glas heißt hier Eve und ist traumatisiert. Sie hat Schwindel und ist mit dem Zug unterwegs zu einem Kurort; wobei ihr Trauma gar nicht als solches realistisch dargestellt wird; sie ist vor allem Filmstar.

Die Bahnfahrt filmt Brynych wie mit dem Fischauge, merwürdiger Kreiseleffekt. Mit kecken Sperenzien hat es die Kamera von Charly Steinberger überhaupt, bei der Frauendemo, in der sich die Frauen befreien und ihre BHs ins Feuer werfen, da kreist die Kamera wie berauscht.

Ingeborg Bachmann ist im Film angeführte Referenzliteratur neben Frauenemanzipationsbüchern aus dem Märzverlag. In einer hochstilisierten Buchhandlungsszene möchte sich Eve über das Phänomen der Gottesanbeterinnen kundig machen; die Buchhändlerin antwortet ihr mit einem kleinen, literarisch-virtuosen Solo über Insekten.

Bei dem enormen Frauenüberhang im Kurort, Männer kommen kaum vor bis auf den verkrüppelten Gärtner und den kartenhäuserbauenden Kommissar, müssen begattungsfähige Männer mit defektem Sportwagen stranden (sie sehen: lauter reifes Obst), um das in Frage gestellte Geschlechterrollenverhalten zu aktivieren.

In Ansätzen tendiert der Film hier in Richtung der seichteren Softsexfilme der Zeit (Regieassistent Sigi Rothemund hat dieses Wissen hungrig aufgesaugt als Basis für eine ganze Reihe von solchen Filmen, bei denen er unter dem Pseudonym Siggi Götz firmierte: „Drei Schwedinnen in Oberbayern“, „Griechische Feigen“ …)

Männer müssen auch her, damit es, das Horrorgenre bedienend (im Booklet zur DVD kommt das Wort Kreißsäge vor), Leichen geben kann für die wundersame „Requisiten“sammlung in Formalin.

Um gar nicht erst auf eine thematisch verbissene Auseinandersetzung zum Thema Frau zu kommen, untermalt Brynych den Film wild mit Bahngeräuschen, mit gar nichts, mit Jukebox- und Zirkusmusik bis hin zu ungezügelten Jazzimprovisationen, damit den leichten Spott in der Betrachtung des Themas sekundierend.

Vorbemerkend heißt es: Personen und Schauplätze seien frei erfunden und ausschließlich Produkte der Fantasie; wohlverstanden und durchs Band: männlicher Fantasie.

Eine internatioale Koproduktion, die auf Italienisch „Femmine Carnivore“ heißt, was fleischverschlingende Frauen meint in Anspielung an die Gottesanbeterin, die ihre Männchen nach dem Geschlechtsakt tötet und auffrisst. Eine männliche Antwort auf die Emanzipationsbewegung der Frau?

In der hübschroten Kassette sind zwei DVDs und eine Hintergründe beleuchtende Broschüre. In dieser ist einiges zu erfahren über die Restauration dieses Filmes und es gibt ein Interview, das Stefan Ertl und Rainer Knepperges 1994 mit dem tschechischen Regisseur Brynych geführt haben; der war mit einigen Wassern der Menschenbehandlung gewaschen und listenreich.

Die zweite DVD enthält die restaurierte Langfassung des Filmes, die nie in die Kinos gekommen ist, ein Interview mit Protagonistin Uschi Glas, das Domink Graf, Rainer Knepperges und Olaf Möller geführt haben (sie erzählt angeregt von den Kapriolen des phänomenalen Kameramannes Charly Steinberger), Standfotos, Werbeplakate, Aushangfotos, Pressematerial, Fotos des Regisseurs in Cameo-Auftritten in deutschen Krimis und einige Szenen im Vergleich des Zustandes des Filmes vor und nach der Restaurierung – ziemlich verblüffend, wie die Verblichenes auffrischen!

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