„Erneut zivile Opfer bei Drohnenangriff in Afghanistan“, eine Routineschlagzeile.
Sonia Kennebeck bringt mit ihrem Dokumentarfilm über drei amerikanische Whistleblower, die bei der verruchten Drohnenferntöterei beteiligt waren, Licht, Leben, Nähe und Konkretion in diese häufige, abstrakte Nachrichtenzeile.
Der Film sticht kinematographisch unter ähnlichen Dokumentationen hervor durch mehr Dichte und schöne ruhige Gestaltung, vielleicht ist im Hintergrund die Hand des Executive Producers Wim Wenders zu spüren.
In der Berichterstattung bleibt es anonym. Weil sie vor allem von westlichen Medien kommt. Von den konkreten Schicksalsschlägen erfährt man wenig. Ok, es waren Kinder dabei, Frauen, was gehen uns die an, dürfte die normale Abwehrhaltung sein bei der Konfronation mit so einer Nachricht.
Heather, Daniel und Lisa waren als amerikanische Militärs mit dem Programm an dieser oder jener Stelle befasst; konnten, wie Beispiele zeigen, die höchst mangelhafte Technik der Identifizierung der Zielobjekte, ob Kinder oder Frauen dabei sind, Waffen und ob die Männer überhaupt Kämpfer sind, nicht mehr mit ihrem Gewissen vereinbaren. Sie sind ausgestiegen und haben den Mund aufgemacht.
Heather ist immerhin anerkannt als von einer posttraumatischen Störung belastet, sie quälen die Bilder, die Drohnenbilder, die sie analysieren musste, vor allem Situationen, in der sie auf Kinder hingewiesen hat, was aber von der Befehlskette ignoriert wurde; und dann durfte sie mitansehen, Tausende Kilometer von Afghanistan entfernt, wie Autos bombardiert werden, wie Körperteile durch die Luft fliegen, wie Menschen um ihr Leben rennen oder wild zu den Drohnen und Helikoptern am Himmel winken und Kinder auf ihren Armen herzeigen; und das alles, bloss weil manche Militärs auf hohe Tötquoten aus sind, weil sie das bessser dastehen lässt vor ihren Oberen.
Lisa, die ebenfalls in diesen höchst geheimen Programmen tätig war, wollte sich mit Opfern konfrontieren, hat eine Freundin afghanischen Ursprung auf Reisen nach Afghanistan begleitet. In diesem Zusammenhang gibt es auch afghanisches Videofootage von der Rückfahrt von so einer Bombardierung mit 23 Leichen von einer einzigen Familie und mit einem Besuch in einem Zentrum für die Anpassung von Extremitäten von künstlichen Armen und Beinen.
Vor Daniel haben die amerikanischen Behörden offenbar am meisten Angst, ihm drohen sie wegen seiner Äußerungen und seiner politischen Aktivität mit einem Spionageprozess, eine trübe Angelegenheit, die ihn für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte ins Gefängnis bringen kann, eine höchst undurchschaubare und dubiose Angelegenheit, bei der allein die Anwaltskosten ihn ins Elend zu stürzen vermögen.
Der Film bringt uns ein Stück unserer Geschichte nahe, das von den Behörden am liebsten verschwiegen würde, ein höchst fragwürdiges Kapitel sind diese Ferntötungen. Was die allein an Hass und Wut erzeugen, davon spricht der Film noch gar nicht – oder nur ganz wenig an einer Stelle, wo von Groll die Rede ist.
Der Preis für diese hinterhältige Töttechnik von Leuten, die sich in keiner Weise wehren können, den das amerikanische Militär und die amerikanische Politik werden zahlen müssen, dürfte in den Sternen stehen und eventuell gigantisch werden. An solchen Spekulationen beteiligt sich der kluge Film nicht, das überlässt er dem geneigten Betrachter.