Fünf Sterne

Die Fünf Sterne des Titels beziehen sich auf den Ort dieser Dokumentation von Annakatrin Hendel, einem 5-Sterne-Luxushotel an der Ostsee, in welchem sie vier Wochen mit ihrer besten Freundin, der Fotografin Ines Rastig verbringt. Finanzierung und Vorwand liefert ein Stipendium, für das die Filmemacherin sich beworben und welches sie auch erhalten hat.

Obwohl es sich um einen Abschiedsfilm handelt, obwohl Ines Rastig ihr Leben als ruiniert und dem Tod geweiht sieht, ihre menschlichen Beziehungen zur eigenen Familie im Eimer sind, sie die schlimmste Depression und Einsamkeit hinter sich hat, so ist der Film überhaupt nicht deprimierend.

Da sind die Fotostrecken von Ines Rastig, bemerkenswert und hochprofessionell wie künstlerisch auffallend und wie sie diese zu Fotogeschichten bei Facebook zusammenstellt und glücklich ist, wenn 600 Leute sie sehen und mögen. Auch wenn sie kein Geld verdient damit.

Überhaupt definiert sie den verbliebenen Sinn ihres Lebens über Facebook. Hier hängt sie ständig dran, wenn sie nicht gerade eine Zigarette auf dem Balkon mit Meeresblick raucht. Hier hat sie auch ihren Freund Harvey kennengelernt, mit dem sie einen intensiven Austausch pflegt, der aber in Amerika mit einer Tochter und verheiratet ist. Und, herrlich wie sie über dessen Frau schimpft. Die Kunst, die sie von ihr zeigt, die ist albern und einfältig.

Der Film strahlt ein große menschliche Wärme und Intimtät aus, aber auch eine gelassene Selbstverständlichkeit.

Ines Rastig sieht in jedem Moment elegant und interessant aus, egal wie sie sich frierend einmümmelt und den Glatzenkopf mit turbanähnlichen Behutungen und Tüchern verpackt. Sie hat Stil noch im größten Elend. Das fing an, nachdem ihre Beziehung in Brüche gegangen ist, sie ohne Wohnung und mit 20’000 Euro Schulden dagestanden hat.

Sie träumt noch von einer individuellen Wohnung, die zu ihr passt. Die muss nicht groß sein. Aber da, wo sie verwurzelt ist, in Berlin-Mitte, da gibt es so etwas nicht mehr. Da gibt es Diskussionen zwischen ihr und der Umwelt, was sie sich denn vorstelle, dabei ist das der Ort, an dem sie praktisch ihr Leben verbracht hat. Sie kann es sich aber nicht mehr leisten. Bei ihrem Schicksal dürfte es sich um keinen Einzelfall handeln.

Bei ihr läuft es insofern glücklich, als sie diese Freundin hat, die die Geschichte mit dem Hotel sich hat einfallen lassen. Wenig Einzelfall ist sie sicher auch, was die Medikamente betrifft, die führt sie uns vor, dies sei das Cortison und dies ist das Opium (bei dem vielen Opium fiel unser lieber Opi um).

Sie sieht ihr Leben gescheitert. In Facebook hält sie es aufrecht. Aber sie selbst ist schon aus nicht intakten Verhältnissen gekommen, sie wusste zwar, wer ihr Vater sei, hat ihn dann in einem Theater, in dem sie gearbeitet hat, auch gesehen, aber er wusste anfänglich nicht, dass sie seine Tochter ist, später habe er es gewusst, aber er hat sie nie angesprochen. Auch das düfte kein Einzelschicksal in unserer Zeit sein.

Schlagworte: Moderne Einsamkeit – Facebook-Leben. Aus der Wohnung geflogen. Jede Menge Medikamente. Was sie zwischen die Finger kriegt, ist Kunst, ihre Devise: it’s magic. Suche nach der letzten Wohnung. Kein Kontakt zur Familie. Modell Hausfrau hat nicht funktioniert. Der Engel, den sie mit ihrem Körper und den Armen in den Schnee zeichnet. Gepixelte Gesichter, mit Piepton ausgeblendete Namen auf der Tonspur. 51 Jahre. 4 Wochen Perpetuum Mobile im Hotelzimmer: es bewegt sich nichts. Aber: Begeisterung für das Obst vom Hotel. Es könnte ewig so weitergehen. It’s magic.

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