Ein Dorf sieht schwarz

Nur keine Panik.

In robuster Machart im Sinne kinderzeichnungshaft vereinfachender Erinnerung erzählt Kamini Zantoko eine Geschichte aus seiner Kindheit in einem Dorf im farblosen, monotonen Norden Frankreichs.

Seine Erlebnisse sind eingegangen in das Drehbuch von Julien Rambaldi und Benoît Graffin. Rambaldi hat auch die Regie geführt. Zantoko gibt sich erst gegen Ende per voice-over als der Ich-Erzähler zu erkennen.

Es ist die Geschichte einer schwierigen Integration, die aus der Tube „Glück- und guter Ausgang garantiert“ erzählt wird, die den realen Verzweiflungen dahinter komödiantisch die Schärfe und das Unangenehme nimmt.

Im Zentrum seiner Erzählung steht Vater Seyolog, der in Marc Zinga eine vereinnahmend positive Besetzung gefunden hat. Dieser stammt aus Zaire, macht 1975 seinen Abschluss in Medizin in Lille und erhält gleich ein Angebot, am Hofe von Mobutu Leibarzt zu werden.

Seyolo kann das nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, einem korrupten Diktator zu dienen und dafür mit einem luxuriösen Leben belohnt zu werden. Er nimmt das Angebot des Bürgermeisters von Marly-Gomont an, dort die Stelle des Arztes zu übernehmen, in dem Dorf, in dem die Trottel prächtig gedeihen, wie der Bürgermeister an einer Stelle sagt. Denn kein Franzose will da hin.

Allerdings haben die Einwohner bis anhin noch nie einen Schwarzen gesehen. Dass er sich als Arzt bewähren muss, hat mit der politischen Situation zu tun; die Wiederwahl des Bürgermeisters (Jean-Benoît Ugeux) hängt davon ab, dass endlich die medizinische Versorgung im wenig begehrten Ort sichergestellt ist.

Insofern hat sein Herausforderer Lavigne (Jonathan Lambert) allen Grund, Interesse am Scheitern dieses Versuches zu haben.

Seyolo holt sofort seine Familie aus Zaire nach, seine Frau Anne (Aissa Maiga) und seine beiden Kinder Sivi und Kamini. Für diese ein Kulturschock – sie haben Paris verstanden. Es türmen sich vor der Familie die erwartbaren Hindernisse und das Misstrauen auf. Allerdings wird das nicht klischiert erzählt, sondern beruhend auf den Dingen, die sich zugetragen haben, wodurch die Geschichte Individualität gewinnt.

Es kumulieren sich die schwierigen Situationen, die Dorfbewohner boykottieren den neuen Arzt trotz seiner Anbiederungsversuche mit Slang-Fetzen, Dart-Spielen und Trinken, er arbeitet sogar bei einem Bauern, um Geld zu verdienen.

Es muss jetzt ein Wunder pasieren, dass sich für ihn etwas ändert. Ein Notfall. Eine Frau bekommt eine Frühgeburt. Ins Spital zu fahren, ist es zu spät. Seyolo, der nur selten die Contenance verliert, muss ran. Das wird eine groteske Nummer, wie die misstrauische Frau voller Trotz und Schimpf dem Arzt gegenüber ist und er versucht, diese Negativ-Energien in Pressenergien umzuwandeln.

Die Erzählweise, die in jedem Moment klar macht, dass es gut enden wird, ist vielleicht selbst ein Mittel, die Schmerzen dieser Geschichte rückblickend zu lindern, gerade auch das Komische und das Groteske zu sehen.

Wenn die Verwandtschaft der Zantokos aus Brüssel (vornehmlich aufgedonnerte Arbeitslose!) ins Dorf einfällt wie ein fremdes Heer und den Weihnachtsgottesdienst aufmischt, ist schwarze Komik garantiert. Richtig böses Blut entsteht nicht. Das macht glaubhaft, dass die Geschichte dieser Integration gut ausgegangen ist, indem sie entgiftet erzählt werden kann, dass das Anekdotische sich verselbständigt, dass die Geschichte als eine Geschichte sichtbar bleibt ohne die Widerhaken des Realismus zu zeigen, dass die Zantokos mit ihrer Geschichte und Integration versöhnt sind und daraus kein Revenge- oder Opferkapital schlagen wollen.

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