Qualitätshackfleisch aus Bodrum.
Besonderen Reiz entwickelt dieser Film von Ben Wheatley (High Rise), der mit Amy Jump auch das Drehbuch geschrieben hat, wenn man sich wie in einer Folie vor der Leinwand ein absurdes Theaterstück von Beckett (Endspiel oder Warten auf Godot) vorstellt, die dort agierenden und raisonnierenden Existenzclowns, und wenn man sich noch die Regeln des klassischen Dramas von Einheit von Ort, Zeit und Handlung vergegenwärtigt oder auch, wenn man sich Schießballette von John Woo vor Augen führt und dann mit dieser Komposition und Choreographie einer Endzeitschießerei in einer verlotterten, einsamen Lagerhalle als mehr akademischer denn literarischer Kunst betrachtet.
Es geht um eine delikate Übergabe von Waffen gegen Geld. Ein Männerfilm mit einer einzigen Frau, Justine (Brie Larson). Ihre Partner oder Gegner sind Bernie (Enzo Clienti), Stevo (Sam Riley), Frank (Michael Smiley), Christ (Cillian Murphy), Ord (Armie Hammer), Vernon (Sharlito Copley), Mrtin (Babou Ceesay), Gordon (Noah Taylor), Harry (Jack Reynor), Jimmy (mark Monero), Howie (Patrick Bergin) und Leary (Tom Davis).
Wheatley führt sachte an diese Übergabe heran. Erst fährt er im Auto von Bernie und Stevo mit. Dieser hatte am Vorabend eine Schlägerei, ist mit dem Veilchen unter dem Auge beschäftigt und findet, das sehe nicht gut aus. Vor der Halle erwarten sie Frank, Chris und Justine. Dann kommt Ord dazu, der sie in die Halle führt.
Die Figuren werden charakterisiert nicht gerade als Profi-Verbrecher, es sind allerlei Existenzlemuren, die Kostüme sprechen ihre eigene Sprache und tragen das ihre bei, nebst Licht und Ausstattung und Location zum stark malerischen Input in dieses Kinostück am Rande des Surrealismus und der Performance.
In der Halle treffen sie erst Vernon, extravagant gekleidet, der Engländer aus Südafrika mit dem eigenartigen Akzent und Martin mit dem rosa Farbton. Es läuft anfangs recht zivilisiert und gar nicht hektisch ab. Es bleibt immer Zeit für Geplänkel, kleine Reflektionen und Bemerkungen, gar für ein Anbandeln und auch das Besprechen des Vorgehens.
Dann kommt die Fuhre mit den Waffen. Es sind nicht die versprochenen AR70er sind, sondern nicht bestellte M16er. Auch hier bleibt im Hintergrund Zeit für die Lieferanten, zu tuscheln, weshalb und wieso, das Geld zählen ergibt eine eigene Szene (Justine könnte stundenlang zusehen).
Das irische Element spielt eine Rolle, das britische aus Südafrika. Wheatley entwickelt die Dramatik so, dass klar ist, dass diese Existenz- und Berufslaien auf äußerst zerbrechlichem Terrain agieren, dass wegen einer dummen Bemerkung, und davon fallen laufend welche, das Gebäude der Zivilisation zum Zusammenbruch kommen könnte (so war es schon in High Rise); er konstruiert die Ausgangslage für leicht entflammbare Eskalationen.
Der Anlass findet sich bald. Einer der Waffenanlieferanten ist just jener Typ, mit dem der andere am Vorabend in der Kneipe das Veilchen eingefangen hat. Das Veilchen kann sich nicht zurückhalten. Es kommt zwar gleich wieder zu einem Appeasement. Das hält nicht lange. Die Waffen kommen ins Spiel.
Die Dialoge wandern, mal situationsbezogen („Keine Arterie wurde getroffen, du hast noch mindestens 90 Minuten“), mal abschweifend (Thema Autobiographie) durch die Halle und um die Verstecke, hinter denen die zusehends angeschossenen und blutenden Figuren, auch dazu gibt es feststellende und kommentierende Bemerkungen, sich verschanzen.
Absurd wirkt auch ein Telefon, das von einem abgetrennten Büroraum aus hallefüllend läutet, während die Musik sich leicht jazzig oder anfangs vor allem Unheil vermutende, leise Drums, vornehm zurückhält und nicht versucht, irgendwas zur Entzündung der Handlung beizutragen.
Dazwischen auch mal die Frage, ob einer alkoholkrank sei, nein, er sei trocken oder als Kommentar zu einer anderen Figur, wer denn diese Spaßbremse eingeladen habe. Im Nahkampf bemäkelt der eine das Parfüm seines Gegners und der meint, es handle sich um Bartöl. Muss man in der Gesamtsituation sehen. Und wie im klassischen Drama ist es aus, wenn alle tot sind. Ein Existenz-Show- und ein Show-Down-Spektakel. Der hartnäckige Anruf, der war übrigens eine Werbung: Qualitätshackfleisch aus Bodrum.