A Cure for Wellness

Ein Geier im Sanatorium.

In der Dokumentation über den Soziologen Jean Ziegler (ab 23. März im Kino) kommt der Begriff der Geierfonds vor. Das sind Finanzinstrumente, die aus Geldgier Hunger in armen Ländern erzeugen. Von so einem Geier, einem Finanzakrobaten oder -talent handelt dieser Film von Gore Verbinski, zu dem er mit Justin Haythe auch das Drehbuch geschrieben hat.

Das junge Finanzgenie aus New York heißt Lockhart (Dane DeHaan). Er ist ein helles Bürschchen. Tag und Nacht nur mit Finanzjonglagen beschäftigt. Er ist süchtig und krank. Er muss alles im Blick und im Griff haben.

Lockhart arbeitet in New York hinter einer dieser Hochhausfassaden, wie sie symbolträchtig immer wieder gerne für Wallstreet und Lehmann und Co. in Filmen gezeigt werden. Akut ist die Aktie des Unternehmens im Sturzflug. Diesen kann nur Mr. Pembrock noch aufhalten. Der steckt gerade in einer Kur in einem Schweizer Sanatorium. Der einzige Mitarbeiter, der ihn da rauslotsen könnte, weil er einen gewissen Zugang zu ihm hat, ist Bill Morris. Der stirbt dummerweise gleich zu Beginn des Filmes an einem Herzinfarkt, wie er ihn sich sich redlich verdient hat.

Bleibt Lockhart. Schon sitzt er in der rhäthischen Bahn, die sich die Berge hochschraubt, wird von einem Chauffeur über Haarnadel-Bergkurven immer höher hinaufgefahren bis zu einem Schloss, das vor einem Matterhornberg thront, als stünde es am Beginn einer Disneygeschichte.

Für den Rest des Filmes wird Verbinskis Film sich daran ergötzen, wie Lockhart die für einen Finanzjongleur giftigste aller Erfahrungen macht, die des Kontrollverlustes und zwar in einem erstklassigen, allerdings in keinerlei Hinsicht innovativen, kafkaesk grundierten und mit stilsicherer Ironie appretierten Gruselschocker. Allerdings nicht Swiss-made, sondern USA/D-made.

Das Sanatorium ist mehr ein Spukschloss („Hier ist schreckliche Finsternis“). Es hat eine düstere Geschichte. Die geht weit zurück. Die Familie von Reichmerl waren die Herrscher. Sie haben die Bauern vom Tal für dunkle Experiemente benutzt.

Zum Problem für Lockhart wird, dass er bis zuletzt glaubt, er sei nur Gast und dass es schwer für ihn ist, an Pembrock ranzukommen. Dann gibt es keinen Handyempfang im Schloss. Für einen Finanzjongleur ist das wie Ganzkörpergips. Einen Gips wird er auch bald tragen, nach einen Unfall. Den Ganzkörpergips in einem Sanatorium gab es kürzlich am Schwarzen Meer in Scarred Hearts – Vernarbte Herzen.

So lernt er den Leiter des Sanatoriums kennen, Heinrich Volmer (Jason Isaacs), einen Arzt mit direktem Ton und in der Typologie näher einem Fuhrhalter als einem Feingeist, aber sicher nicht dumm.

Ein weiteres Problem ist, dass die Patienten sehr zufrieden sind. Sie kommen aus den größten Konzernen weltweit. Eine neu ankommende Patientin ist eine Abramovich. Die Sanatoriumsdirektion fährt Bentley.

Es gibt eine ungewöhliche Patientin, das ist Hannah (Mia Goth). Sie wird später zur Erläuterung der These beitragen, dass einzig die Liebe es ist, die befreien kann.

Ansonsten steigern sich mit jeder Entdeckung, die Lockhart macht, er ist ja nicht auf den Kopf gefallen, die Risikosituationen, die bei den gegen Ende hin sich mehrenden Höhepunkten sich gelegentlich in pure Horrorästhetik und -symbolik auflösen; dazu womöglich einen Straußwalzer.

Was wir lernen: die Sanatoriumswelt kann genau so die Hölle sein und verlogen und kriminell dazu wie die Finanzwelt. Aber es gibt Menschen mit reinen Träumen, wie die Mutter von Lockhart, die Ballerinafigürchen, die ihren Traum leben, für Musikuhren herstellt. Wildwestspelunke in den Schweizer Bergen: das Gasthaus Hirschkrone.

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