Familienfilm

Die Pubertät kann einen Menschen ganz schön aus der Bahn werfen. Und die Eltern dazu. 15 Jahre lang wird dem jungen Menschen vorgemacht, er sei ein Kind – und dann ist plötzlich alles ganz anders. 15 Jahre macht sich die junge Familie vor, ein glückliche, perfekte Familie zu sein – und dann ist plötzlich alles ganz anders.

Um uns das in seiner ganzen Unfasslichkeit einerseits und großen Normalität andererseits näher zu bringen, hat sich Olmo Omerzu, der mit Nebojsa Pop Tasic auch das Drehbuch geschrieben, für eine Hipster-Familie aus Prag entschieden.

Sie heißen Kubin (in der weiblichen Variante Kubinova). Sie bewohnen eine geräumige Altbauwohnung, in der unser 15-jährige Protagonist Erik (der wunderbar spürend-versonnene Daniel Kadlec) mit dem Tretroller seine Runden drehen kann und damit die Nachbarn von unten nervt und wenn sie an die Wohnungstür poltern, so spielt er den Familienhund Otto und kläfft.

Die Familie wird uns vorgestellt in einer Fahrt in der komfortablen Familienlimousine, Vater Igor (Karel Roden), Mutter Irena (Vanda Hybnerova) und die ältere Schwester von Erik Anna (Jenovéfa Boková). Die Kinder sitzen im Fond. Erik schaut auf einem Bildschirm, der am Vordersitz angebracht ist, eine Tiersendung über Wassertiere, ihren Überlebenskampf, ihre Fortpflanzung.

Um die Erschütterungen, die die Pubertät von Erik über die ganze Familie bringen wird, zweifelsfrei auseinanderzufädeln, bedient sich Omerzu eines dramaturgischen Kniffes: er separiert die Eltern für längere Zeit von den Kindern, indem die Eltern endlich wieder allein Urlaub machen lässt in einer Yacht, um in der Gegend des östlichen Indischen Ozeans zu kreuzen, von den Adamanen-Inseln bis zur Weihnachtsinsel.

So ist teilweise Kontakt über Skype möglich, teilweise auch nicht. Die Kinder bleiben allein in der großen Wohnung mitten in Prag. Anna soll auf Erik aufpassen. Dazu gesellt sich eine Freundin von Anna, Kristyna (Eliska Krenková) und ein Freund von Erik.

Ein weiterer dramaturgisches Kniff im Sinne einer symbolischen Extrapolation, um der Erzählung Schmalz, Rührungsansatz, aber auch schalkhaften Kommentar zu verleihen, ist die Erfindung von Hund Otto. Der muss mit auf die Seereise der Eltern. Dies ermöglicht den Filmern einen kurzen Blick in den Stauraum eines Flugzeuges zu werfen, in welchem mehrere Tiere, Hunde, Katzen, in ihren Käfigen versuchen den Flug zu überstehen; nicht ganz alltägliche cineastische Flugreisenperspektive.

Die Jugend zuhause spielt ein Flaschenspiel: zu wem die gedrehte Flasche hinguckt, der muss sich nackt ausziehen und eine Fahrt mit dem Lift ins Parterre unternehmen, dort stehen bleiben bis die Tür sich öffnet und wieder schließt. Oder sie feiern Party. Anna verführt Erik, was ihn aus der Bahn wirft. Ab jetzt schwänzt er die Schule.

Onkel Martin, der unverheiratet ist und bis zu deren Tod mit der Mutter in ihrem Haus gelebt hat, soll sich ab und an um die Kids kümmern. Zu Weihnachten sollen Erik und Anna zu ihren Eltern fliegen. So weit der Plan.

So weit wird es nicht kommen. Es treten dramatische Ereignisse ein, die das Aus-der-Bahn-werfen markant illustrieren.

Schöne Zwischenimpression, Erik mit Kopfhörern im öffentlichen Verkehr, er hört Norma, rund um ihn herum schlafende Männer. Oder anderes Symbol: ein Blitz schlägt in eine Palme auf einer der Inseln im Indischen Ozean; die Palme fällt brennend auf den Strand. So viel zu Heftigkeit der Emotion dieses Lebensabschnittes. Gültig für Pubertierende ebenso wie für die Eltern.

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