Die Taschendiebin

Wahrheit ist, was nicht weiter hinterfragt wird, was offensichtlich ist. Das ist die beste Lüge, die sich so unverdächtig als Wahrheit geriert.

Auf solche Wahrheitsdarstellung spezialisiert ist ein koreanischer Clan. Einer ihrer Exponenten nennt sich Graf Fujiware (Ha Jung-woo). Sein Plan ist es, die junge Sookee (Kim Tae-ri) bei einem reichen Japaner unterzubringen. Dieser residiert in einer Villa auf einem Grundstück, bei dem vom Tor bis zum Hauseingang mit dem Auto noch mehrere Minuten zu fahren sind. Er beherbergt in seinem Anwesen eine äußerst kostbare Bibliothek. Besitzerin ist seine Nichte Lady Hideko (Kim Min-hee), eine zurückhaltende, verschlossene Erbin, die das Anwesen noch nie verlassen hat.

Die Absicht des falschen japanischen Grafen ist es, Sookee aus seinem Clan als Dienerin von Hideko unterzubringen und dann selbst als Mallehrer aufzutreten, um sich an sie ranzumachen, sie zu heiraten, sie in eine Irrenanstalt einzuliefern und sich an dem Vermögen gütlich zu tun. Sookee soll Hideko in dieser Richtung bearbeiten, soll deren Gefühle ausspionieren.

Diesen Sachverhalt schildert Park Chan-Wook (Stoker – Die Unschuld endet), der mit Chung Seo-kyung auch das Drehbuch nach dem Bestseller der britischen Autorin Sarah Waters geschrieben hat, in aller Ausführlichkeit, fast plan möchte man sagen, man sucht ständig nach einem doppelten Boden, nach einem Hintersinn – wobei der doch so offensichtlich ist.

Bewusst nimmt sich Park Chan-Wook Zeit für schöne Details aus diesem reichen Anwesen, schildert die Entscheidung im koreanischen Clan für Sookee – und nicht für eine ihrer Schwestern – die Fahrt zum Anwesen, die Ankunft, die Einführung in den Job, die Annäherung von Dienerin und Herrin, die weit über Förmlichkeiten hinausgeht, ja die geradezu den Plan des Grafen zu gefährden droht.

Er schildert ausführlich die Bibliothek, die Innenräume, das Schloss, das – in Korea – in gemischtem Stil gebaut wurde, eine Rarität, mit einem britisch anmutenden Flügel und einem japanischen. Extensives Genusskino.

Park Chan-Wook stilisiert Landschaft und Bäume in Richtung romantischer Gemälde. Wir erfahren, dass Hideko potentiellen Käufern der kostbaren Bücher aus den erotischen Bänden vorlesen müsse, um die Preise in die Höhe zu treiben.

Wir erleben Sookee, die ab und an fast patzt oder wie der Graf versucht, sie zur Raison zu bringen, sie an ihren Job zu erinnern. Doch der Plan funktioniert bei allen Stolperstellen. Wir erleben, wie der Graf, Hideko und Sookee nach Japan fahren, dort eine Hochzeitszeremonie durchführen. Alles funktioniert bestens. Alles nach Plan.

Nur – das war erst Teil I dieses Ganoventhrillers. In Teil II und III beschleunigt die spannender und erotischer werdende Geschichte deutlich, aus der hier aber grad gar nichts weiter ausgeplaudert werden soll.

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