Mapplethorpe: Look at the Pictures

Die Kunst soll eine Position beziehen, soll einen Anstoß geben, soll einen Blick auf die Dinge abgeben, wie man ihn noch nicht kennt, das ist eine der Ansichten von Robert Mapplethorpe, dem berühmten Fotografen der 70er und 80er aus New York.

Sein vielleicht bekanntestes Foto ist „Man in Polyester Suit“, womit seine Hauptthemen signalisiert sind: Männer, Schwänze; dazu kommen Blumen. Er war sich des bürgerlichen Problems mit der Pornographie bewusst, so dass er (erinnert an die Zweigleisigkeit des Elsässer Künstlers Tomi Ungerer) einmal eine Doppelausstellung lanciert hat, sozusagen eine „anständige“ und ein „unanständige“.

Fast noch spannender und rasanter kommt diese Dokumentation von Fenton Bailey und Randy Barbato daher als jene über die Kunstsammlerin Peggy Guggenheim, wobei die beiden die Radiaklität verbindet, aber Mapplethorpe näher an unserer Zeit liegt.

Der Film wird umrahmt von der Geschichte einer Hexenjagd auf die Ausstellung The Perfect Moment, in welchem Fotos aus Mapplethorpes wichtigsten Themenbereichen als X-, Y- und Z-Serien gezeigt werden. 1990 will die Staatanwaltschaft von Cincinnati die Ausstellung schließen, die schon einen langen Weg durch die USA gemacht hat, und die in Cincinnati von antihomosexuellen Randalen begleitet wird.

Der Film ist ein temporeicher Mix aus Fotos, Statements von Familienmitgliedern, dem früheren Pfarrer, Galeristen, Kollegen, Models, Kuratoren, Journalisten, Kunden (bis hin zu Fürstin Gloria von Thurn und Thaxis, die ihn als einen „Getriebenen“ bezeichnet) und aus Archivmaterial.

Eigentlich unerklärlich, wie aus einem einfachen Kind einer 6-köpfigen Arbeiterfamilie, dessen Vater im Keller ein Fotostudio eingerichtet hatte, so ein Stern am Kunsthimmel erwachsen konnte. Er wusste, wo er hin wollte, er wollte reich und berühmt werden und schreckte dazu vor nichts zurück. Benutzte die Menschen, war egomanisch, liebte seine Models.

Anfänglich wollte er gar nicht fotografieren. Es zog ihn jung nach New York. Er war ein außergewöhnlich sinnliche Erscheinung („ein teuflischer Junge“ mit den riesigen Augen; „machte alle verliebt in ihn“), es scheint schwer gefallen zu sein, seinem Charme, seiner Aura nicht zu verfallen; er manipulierte seinen Mitmenschen für seine Ziele.

Es zog ihn ins Pratt. 1969, mit 20 Jahren, lebte er mit seiner ersten weiblichen Muse Patti im Chelsea-Hotel. Er fing mit Collagen an, die er aus Bildern aus Porno-Heften zusammenstellte und so aus ördinärer Kunst Exzeptionelles schuf.

Behelfsmäßig stellte er für diese Collagen Polaroid-Bilder her. Erst mit dem reichen Beschützer und Liebhaber Sam, der ihm ein Loft in New York kaufte, beschaffte er sich eine Hasselblad. Von Fototechnik hatte er keine Ahnung, deshalb engagierte er Assistenten, darunter auch seinen jüngeren Bruder; allerdings hat er nicht ertragen, dass dieser bei einer Gruppenausstellung auch mitmachen wollte; der Bruder musste sich deshalb einen Künstlernamen zulegen.

Mapplethorpe wird als ein Maniac beschrieben, der alles, die menschlichen Beziehungen im speziellen, seiner Kunst, seinem Ruhm unterordnete („es verzehrte ihn nach Ruhm“); er wollte zur Legende werden; ihm war auch klar, dass wichtig ist, dass über ihn geschrieben wird; also bandelte er auch mit den Kunstkritikern an. Er pflegte nicht nur seine Kunst, sondern auch deren Vermarktung, sein Image.

An einer Stelle wird auf eine Parallele zwischen der christlich-katholischen Kunst mit ihren Märtyrerbildern und seinen Sado-Maso-Bildern hingewiesen, dass der Katholizismus wohl den Nährboden für sein Schaffen bildete (der Satan sei für ihn ein „geselliger Spielkamerad“ gewesen).

Viel Anregung für Fotos sammelte er aus Karten von Antiquariaten.

Hingewiesen wird auf eine gewisse Konkurrenz zu Andy Warhol, der auch zu der Zeit in New York wirkte. Der Film zeigt sehr schön, wie der junge, ahnungsvolle Bursche sich immer mehr vom Leben seiner Familie entfernt, wie er das, was er innerlich schon immer gespürt hat, auch umsetzt. Sein ganzes Denken und Tun diente seiner Karriere.

Kenner loben die „brutale Ehrlichkeit“ seiner Fotografie. Ein Zitat über ihn: er war vor allem damit beschäftigt, Robert Mapplethorpe zu sein; am Schluss habe ihn nur noch das Geld interessiert, da, als er wusste, dass er AIDS hatte.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert