Human – Die Menschheit

Ein hammerappellativer Film, der in einer Mischung aus Fotografie im Stile einer Ästhetik des Elendes aus Drohnensicht und einer immer wiederkehrenden Kadenz von sprechender Blackbox-Portraitfotografie mit den verschiedensten Vertretern unterschiedlichsten Unglücks und Elendes und Missbrauchs im Zuschauerhirn den Humanitätsgedanken provozieren will.

Ein Film, der durch seine methodische Hartnäckigkeit einen zusehends zu vereinnahmen weiß und mehr zu bieten hat als nur Diskussionsgrundlage zu sein für Kirchentage und Weltverbesserungsseminare oder -symposien.

Ein Film, der mit seiner massiven Messagepower spielend mithalten kann mit dem lautesten Actionsthriller, wenn man denn bereit ist, sich darauf einzulassen, sich einzulassen auf die direkte Konfrontation mit Dutzenden, Hunderten von Menschen aus aller Herren Länder, die vor schwarzem Hintergrund in ruhigem Gesichtsausschnitt mit wenigen prägnanten Sätzen ihre Lebenssituation schildern, ihr Unglück (als Kind verkauft worden zu sein), ihre Vorstellung von Glück (das Motorrad, das einer am liebsten mit ins Bett nehmen würde), Liebe (die Familie) oder den Tod formulieren.

Es sind Menschen aller Rassen, Männer, Frauen, überwiegend ältere Menschen, Mörder, Huren, Missbrauchte, Killer, Vertriebene, Homosexuelle, Müllhaldenbewohner, Hungernde, Arme, Gläubige, Behinderte, Verstümmelte, Kindersklaven, Polygamisten, Flüchtlinge, Ausgebeutete (Textilarbeiter aus Bangladesh), Terroristen, Gotteskrieger.

Zwischen den Äußerungen von Inhumanität in der Blackbox hebt die Kamera gerne ab, steigt höher und höher, lässt ihr Auge schweifen über anonyme Menschenmassen im Wellenbad, Massenhochzeiten, Fußballfans im Stadion, über operettenhafte Militärparaden oder Landarbeiter im Reisfeld, als gelte es einen Fotowettbewerb für National Geographic zu gewinnen, ebenso mit ambitionierter Naturfotografie von Wellen, Wolken, Strudeln, Nebeln und Ethno-Emoticons wie Kalenderfotografie, reitende Kinder in Mongolischer Steppenlandschaft. Die Kamera liebt Retardierungen, als möchte sie am liebsten für immer bei ihren Objekten verweilen.

Auf der Musikspur singt eine hohe Frauenstimme diese häufige Kinomelodie von der Sehnsucht und Wehmut nach einem fernen, kaum greifbaren Glück.

Yann Arthus-Bertrand will mit seinem Film der Welt des Elends, der Inhumanität ein Gesicht geben – das tut er, während die kapitalistischen Herrscher dieser Welt und in nicht geringem Maße Mitverursacher des Elends in illuminierten Wolkenkratzern im nächtlichen New York lediglich als anonyme Schemen in Büroraumen zu erkennen sind.

Der Film endet wie ein Gottesdienst mit Dank und Aussprechen von Hoffnung, dass das Leben Spuren hinterlassen möge, der Film ist ein Beitrag dazu, und dem Wunsch, Teil der Menschheit zu sein. In Koproduktion mit Good Planet Foundation.

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