Die Insel der besonderen Kinder

Durchgerüttelt und durchgeschüttelt von den Zeitloop- und Geisterbahnbildern.

Nichts für psychische Schwachmaten. Und doch: es gibt Haltepunkte, Fixpunkte. Es gibt den Teen Jake (Asa Butterfield), der das alles erlebt, der Orientierung sucht, Identität oder die Angst vor Sichtverlust: Gespenster und Ahnen, die Augen als Delikatessen verschlingen. (Die verhängnisvolle Macht asiatischer Ahnen wird in „Kubo, der tapfere Samurai“, ab 27. Oktober im Kino zu sehen sein.)

In Jake werden Vergangenheitsbilder virulent, der Vorgang nicht unbedingt rational erklärbar. Jake pendelt zwischen dem Heute in Blackpool in England und einem Kinderheim im letzten Kriegsjahr. Es ist heute eine Ruine, aber ein Timeloop ermöglicht die Begegnung mit den Untoten. Es gibt Halt im Heute in Blackpool. Draußen vor der Geisterbahn braust der moderne Verkehr. Der überfährt auch mal ein Gespenst. Die Gespenster kann nicht jeder sehen. Jake schon.

Ist Jake ein besonderer Junge? Das will er herausfinden. Individuumswerdung – auf der Suche nach Eigenheit, nach Eigentümlichkeit, nach der Individualität. Was ist mit seinem Opa? Hat er ihm etwas hinterlassen? Das Kinderheim ist im Krieg von deutschen Bombern zerstört worden.

Es geht um Metamorphosen und Psychosen, um ein gesunkenes Schiff, das wieder auftaucht, das sein Versinken rückgängig macht. Es geht um das Verirren und sich Entwirren in einem Bilderstrudel umd Fundierung einer stabilen Identität des Teens.

Mit einem blonden Mädchen von 1944 entsteht ein freundschaftlicher Kontakt. Die Kinder aus dem Kinderheim sind eigenartig, den einen sieht man nicht, nur seine Kleider und seine Schiebermütze, zwei Kleine, Zwillinge mutmaßlich, haben die Köpfe vollkommen einbandagiert.

Die Chefin ist eine undurchschaubare Frau, die sich leicht in einen Vogel verwandelt, Eva Green als Miss Alma LeFay Perigrine. Sie trägt ein strenges Kostüm, das von einer Fledermaus inspiriert sein könnte.

Barron, Samuel Jackson, blind, tummelt sich in Gegenspielermanier. Und Judi Dentch hat einen Omaauftritt als Miss Avocet. Verstehe das, wer will. Barron tarnt sich auch mal als Vogelfotograf am Strand.

Was ist real in so einem Film? Was ist Story? Ist es visionär, was uns Tim Burton in 5-Sterne-Manier nach dem Buch von Jane Goldman nach dem Roman von Ransom Riggs auftischt? Oder ist es nur eine spektakuläre Geisterbahn, die uns psychisch den Boden unter den Füßen wegzuziehen versucht, weil nichts mehr sicher ist, weil es keinen verlässlichen Storyfaden gibt?

Jakes Vater, Chris O’Dowd, scheint noch die bodenständigste Figur zu sein, die geheimnislos Munterste – aber das gibt dem Jungen schon grad gar keine Orientierung.

Wobei der Tod am Start des Lebens eine merkwürdige Präsenz hat. Und beides ist auch nah am oder unterm Wasser gebaut, daher gibt es schwimmende Erkundungen durch ein Unterwasserwrack, aus dem das Wasser plötzlich sich zurückzieht – Timeloop rückwärts.

3D ist leider auch in diesem Fall weder eine Bereicherung noch eine Erhellung in dieser Myster-Thriller-Welt der Monster und Mysterien, des Irrealismus und der Angstträume vorm Erwachsenwerden. Die Kinderwelt, die aus den Fugen gerät, um sich dann zur Erwachsenenwelt zu sedieren.

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