Liebe Halal

Ein Lichtblick aus Nahost, aus dem Libanon, aus Beirut.

Es gibt noch Orte, an denen es andere Probleme gibt als Köpfungen, Auspeitschungen, Steinigungen, Fassbomben, paranoide Diktatoren und Flüchtlinge. Es gibt noch Orte, an denen die urbürgerlichen Probleme der Ehe und des Kindermachens und von Sex in der Ehe und der Treue akut sind und zwar so lustig wie einsten bei Woody Allen, der diese Dinge stadtneurotisch für New York beschrieben hat. Denn in diesen Dingen liegt auch im Nahen Osten, ob christlich oder islamisch, im wörtlichen Sinne der Wurm drin.

So jedenfalls erfahren wir es gleich zu Beginn in der Aufklärungsstunde einer Mädchenklasse von der bekopftuchten Lehrerin Um Achmed.

Dass es ein Wurm sei, der vom Mann in die Frau eindringe, der die Kinder mache, beflügelt die Mädchen zu Fantasien und Vorsichtsmaßnahmen.

Nachts hopsen sie in einen großen blauen Müllsack, um beim Schlafen nicht vom Wurm besucht zu werden.

Im übertragenen Sinn ist auch bei den Erwachsenen in diesen Dingen der Wurm drin. Vater ist ein lustvoller Mensch und ständig voller Begehr nach der Mutter, wenn die müde vom Tageswerk endlich schlafen will. Um zur Ruhe zu kommen, hat sie die Idee, ihrem Mann eine Zweitfrau zu organisieren, geht auf Brautschau.

Eine Miniaturwelt sind die Nachbarn gegenüber in dem Hochhaus mit den geräumigen und auch großzügig möblierten Wohnungen, was von außen eher heruntergekommen wirkt, innen aber picobello ausschaut, bis eben auf die menschlichen Verhältnisse.

Das jung verheiratete Paar, das nach zweimaliger Scheidung immer noch kinderlos und inzwischen zum dritten Mal verheiratet ist, trägt die Ehestreitigkeiten notorisch in den Hausflur, der sich dann ganz schnell bevölkert. Ein älterer Herr stellt sich zum Zwecke des Zuschauens sogar einen Stuhl vor die Wohnung – das sind so kleine, unaufdringliche Details en passant, die den Spaß an diesem Film von Assad Fouladkar würzen.

Koproduzenten sind ZDF und arte und der Zwangsgebührenzahler mosert ausnahmsweise nicht.

Die junge Frau von nebenan bandelt mit einem verheirateten Floristen an, skypt mit ihrem Bruder in Australien und möchte ihre Probleme mittels Auswanderung lösen, während ihr Ex-Gatte, um sich an die Scharia zu halten, für sie einen zweiten Mann suchen muss, damit er sie wieder heiraten kann.

Fouladkar hält seine Schauspieler zu ungezwungen heiterem Spiel an, nie bierernst, immer glaubwürdig, nie die oft im Orient überrissene Komödienspielart. Die beiden jungen Mädchen sind ein Zauber für sich in ihrer Frische und Unbekümmertheit, die Frauen generell sehr, sehr schön und selbst Mama gewinnt an Erotik, wenn sie einen Bauchtanz hinlegt.

Beirut scheint wieder eine einigermaßen normale Stadt zu sein, nur mit dem Strom hapert es ab und an; aber da hat die Bevölkerung ihre Tricks entwickelt; nicht verwunderlich bei dem Leitungsverhau über den Gassen.

Köstlich-kindisch ist Paps, wenn er von Mama im Bett sein „Betthupferl“ erbettelt, so voll naiv-bösartiger Seligkeit – und dann soll er noch eine Frau wie die „Bordot“, eine russische Schauspielerin, dazu bekommen.

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