Die Wahlkämpferin – Our Brand is Crisis

Sandra Bullock wirft einen skeptischen Blick auf die Demokratie und deren machtkonstitutierenden Mechanismen: die Wahlen. Wahlkämpfe gewinnt man mit Lügen und nachher bricht das Chaos aus. Zumindest in Bolivien, wo sie als angeheurte Wahlkämpferin Jane für den Kandidaten Castillo, Joaquim de Almeida, mit einem Team aus den USA die Kohlen aus dem Feuer holt mit einem knappen Sieg. Dann bricht er sein Wahlversprechen bezüglich IMF, es bricht das Chaos aus und die Wahlkampftruppe bleibt mit ihren Autos auf dem Weg zum Flughafen für die Heimreise im Stau stecken.

Sandra Bullock hat mitproduziert, die Regie hat David Gordon Green geführt und das heimtückische Drehbuch stammt von Peter Straughan, der den Dokumentarfilm selbigen englischen Titels von Rachel Boynton zur Grundlage genommen hat. Von ihm stammen auch die Drehbücher zu Frank, Dame, König, As, Spion oder auch „Männer, die auf Ziegen starren“.

Demokratie oder Keramik. Jane hat sich irgendwo in den Bergen Amerikas zurückgezogen in einer Hütte, sie frönt der Keramik. Sie hat ihre Ruhe. In Bolivien stehen Präsidentenwahlen an. Ein US-Team soll dem früheren Präsidenten Castillo zur Wiederwahl verhelfen. Jane gilt als eine harte und erfolgreiche Kämpferin. Aber sie liebt auch die Ruhe.

Ben, Anthony Mackie, und Nell, Anne Dowd, versuchen, sie zu überreden, mitzutun, sie sei doch eine Kämpferin. Der Stachel in den Ehrgeiz wirkt, sie kann nicht ablehnen. Sie führt den Wahlkampf für Castillo nach dem Motto, dass ihr Markenzeichen die Krise sei; erst die Krise beschwören und sich dann als Retter, als Krisenbekämpfer empfehlen. Das ist der lehrhafte Input in dieser Demokratielektion.

Da das etwas wenig ist und sattsam bekannt, muss es aufgemotzt werden. Jane wird manchmal über Slapstick, Stolperer oder Ausrutschen auf der Treppe beim Aussteigen aus dem Privatjet, über Übelkeit wegen Höhenunverträglichkeit in La Paz und Gebrauch von Sauerstoffmaske und -gerät, zur Illustrierung ihres Spottnamens „Calamity“-Jane als Katastrophenfrau charakterisiert, welcher Begriff in ziemlichem Gegensatz zu ihrer Miene und ihrem Gesicht und dessen Design und Dekor steht: meist hält sie ihr wie gemeißeltes, tadellos auf Schönheit geschminktes Gesicht ruhig, damit das Starikonenbild sich einprägen kann beim Zuschauer.

Um Abwechslung und Leben in den Wahlkmapf zu bringen, wird eine Actionszene eingebaut. Ein Wahlbus überholt den anderen, in dem ihr Rivale Candy, Billy Bob Thornton, sitzt, und ein Double von Frau Bullock darf eine einwandfrei Po-Partie aus dem Fenster strecken. Auch diese Rivalität, die auf eine frühere Geschichte zurückgeht, nimmt Füllraum ein, der direkt wenig mit dem Thema Wahlkampf zu tun hat.

Es gibt Szenen, wie der ungehobelte Castillo lernen muss, sich zu präsentieren. Es fehlen allerdings die Anknüpfpunkte für Sympathie sowohl für Frau Bullock als auch für Castillo. Zum auflockernden Füllen dieser Illustrierung einer negativ-skeptischen Betrachtung von Demokratie und ihrer Mechanismen dient auch eine Szene, in der ein Lama für einen Wahlspot posieren soll und, Marco heißt es, nicht so funktioniert wie intendiert.

Zum Zeichen des wachsenden Erfolges der Kampagne für Castillo werden ab und an die Stimmungsbarometer der verschiedenen Kandidaten und die Veränderungen eingeblendet: Castillo holt langsam aber sicher auf. Und damit auch die deutschen Kinogeher einen Wiedererkennungseffekt zum Lachen haben, kommt Goethes Faust vor und auch Göring schafft es ins Drehbuch. Frau Bullocks Weisheitssatz zur Demokratieangelegenheit: Gettting hurt is unavoidable if you want to play this game.

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