Creed – Rocky’s Legacy

Mit dicker Sentiment-Tube angerührte und mit fett-alttestamentarisch-bellezistischer Musik schier zugedröhnte, anrührende Geschichte vom Waisenknaben Adonis, der ständig kämpfen muss, über die Entdeckung seiner berühmten Herkunft bis zum respektvollen Antreten des Erbes seines berühmten Vaters als Top-Boxer, der dem größten Herausforderer der Zeit in Liverpool 2015 12 Runden lang standhält – sentimentalisch überhöhte Selbstfindung.

Selbstwerdung bis zur Selbstvergötterung, Berufung und Ruf, Ziel und Kämpfen dafür. Adonis Johnson, so heißt unser Protagonist und wird gespielt von Michael B. Jordon, hat seinen Vater, den berühmten Boxer Creed, nie gekannt. Er findet in Sylvester Stallone einen väterlichen Freund und Trainer, der als Rocky um real vierzig Jahre gealtert ist (allerdings nicht im Gesicht, wer da auch immer und was darin herumgearbeitet haben mag; so ein Gesicht erzählt plötzlich faszinierende, ablenkende Zusatzgeschichten). Rocky hatte Creed noch gekannt und ihn als Freund und Gegner hoch geschätzt.

Der Film plauzt über vor gut kalkulierten und aseptisch rein inszenierten Rührmomenten. Seine Mutter, Phylicia Rashad, indem sie sich als solche dem vermeintlichen Waisenknaben zu erkennen gibt, ihn aus dem Jugendknast rausholt und in ihrem luxuriösen Anwesen aufzieht und später die Karriere wohlwollend, immer mit dem Verweis darauf, dass der Vater es auch so gemacht hätte, sorgen- und allmütterlich liebevoll begleitet.

Der Junge lernt ehrbar einen Bürojob, er erhält sogar eine Beförderung. Aber das Boxerblut in ihm ist stärker. Ein Mensch spürt seine Berufung und den Ruf seines Vaters. Das grenzt an religiöse Eingebung. Von der Mutter erhält er den Hinweis auf Rocky. Den sucht er auf.

Eine weitere Rührgeschichte ist die Erinnerung an den Vater. Und bald wird aus der Story auch noch ein anrührender Tumorfilm, denn Rocky bricht bei einem Sparring zusammen. Im Krankenhaus wird Krebs diagnostiziert und Chemo vorgeschrieben. Rocky lehnt die Chemo männlich verächtlich ab. Doch der Junge überredet ihn zur Vernunft und erpresst ihn mit der Bedrohung, das Training zu stoppen. So ergibt sich die GenremixSituation, dass Rocky aus dem Chemosessel heraus Trainingsanweisungen für seinen Jungen erteilt, der im Krankenhaus wie wild trepp-auf und -ab und rumhupft.

Nach einem Kampf fliegt die Herkunft von Adonis auf. Sein Vater hieß Apollo. Adonis und Apollo – Antike auf dem AA-Level. Ein Champion aus Liverpool meldet sich, sieht sich durch die junge, erblich so stark belastete Hoffnung herausgefordert, was die Grundlage für den stark in die Länge gezogenen, apotheotischen Schlusskampf bildet.

Genauso sauber und klar nachvollziehbar und immer mit dem größtmöglichen Quantum Musik unterlegt (bis auf ein paar Stellen ernsthafter Diskussion) wird die Liebesgeschichte zur Sängerin Bianca, mustbeispielhafte Schönheit Tessa Thomson, erzählt; sie wohnt in der Etage unter Adonis, lässt die Musik viel zu laut laufen und so poltert er bei ihr an die Tür und der Rest läuft so ab, wie zu erwarten, um diesem vermuteten Publikumsbedürfnis nachzugeben.

Regisseur Ryan Coogler, der mit Aaron Covington und Sylvester Stallone auch das Drehbuch geschrieben hat, möchte wohl nach seinem beeindruckenden Erfolg mit Nächster Halt Fruitvale Station eins drauf setzen, möchte alles perfekter machen, wobei just dieses Ansinnen der Chose eine gewisse Bedächtigkeit und Kalkuliertheit verleiht, die ihr deutlich an Zug und Need nimmt, die beim Vorgängerfilm mit zum Beindruckenden gehört haben. Hier suhlt sich ein Film in dem Bedeutungsgefühl seines Protagonisten und eventuell auch seines Machers. Es dominiert der Eindruck einer feinen Gefühlsmayonnaise aus der Tube, wie eingangs erwähnt, deren Bedeutsamkeit ständig mit fetter Musik noch unterlegt wird.

Aufgelockert wird der dicke Gefühlstran mit kleinen Scherzchen: Stallone hat auf dem Friedhof, wo er die Seinen einmal jährlich besucht, in der Astgabel eines offenbar eigens zu diesem Behuf installierten Baumskelettes einen Klappsessel deponiert, greift den am Jahrestag des Gedenkens schwungvoll und routiniert runter und setzt sich darauf vor die Gräber zum Dialog mit den Toten.

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