Die poetische Geschichte von Saint-Exupéry vom kleinen Prinzen ist für einen Langfilm zu kurz. Also erfinden die Drehbuchautoren Irena Brignull und Bob Persichetti eine Drumherum-Geschichte, damit Mark Osborne gegnügend Fleisch oder Knetmaße oder aus was die Figuren auch immer sind, für einen Langfilm zusammenbekommt.
Der Titel wird dadurch allerdings irreführend: er schraubt die Erwartung einer Literaturverfilmung hoch. Doch wird die Geschichte in einen explanativen Zusammenhang gesetzt, der erklären will, was Fantasie ist, wozu sie gut ist, der selbst eine fantasieabtötende Gegenwelt darstellt, eine Welt geplant wie ein Schaltschrank.
Das fängt mit der Ausbildung und der Auslese des Nachwuchses an, der eingetrichtert bekommt, er sei etwas Besonderes. Das ist eine Welt, die bildlich durchaus ergiebig ist und fernab jeglicher Poesie, wie der kleine Prinz sie so faszinierend vertritt. Es ist eine kafkaeske Welt oder tatisch im Sinne seiner modernen Architekturen, in denen der Mensch ein Rädchen ist und bedingungslos zu funktionieren hat.
So auch eine Frau, glatt wie Teflon, die reine Stereotypie einer ehrgeizigen Mutter, die nur auf die Karriere ihres Töchterchens bedacht ist, die die Zukunftspläne für sie genau im Griff haben will.
Es gibt in der Schaltschranksiedlung allerdings einen Ausreißer. Das ist genau das Haus neben unsererem Mädchen und seiner Mutter. Das ist ein Haus wie aus einer anderen Zeit und aus Wurzelseppeästhetik. Die Figur, die darin lebt, ist im Mörtel- und Spachtel-Modus fabriziert, dicke Nase, die Figur krumm wie ein Wanderstab. Das ist ein alter Pilot in einem windschiefen Haus, wie ein Pickel in der Siedlung. Im Garten steht noch ein Flugzeug.
Wie das Mädchen allein zuhause ist, bricht plötzlich ein Flugzeugpropeller sich Bahn durch die Gartenmauer unter Hinterlassung von Fensterfrontscherben im Wohnraum. Dadurch ist der Weg frei, die zwei Welten miteinander in Kontakt zu bringen.
Denn das Mädchen passt nicht ganz in die Planbarkeitsfolie der Mutter, neugiert lieber zu ihrem Nachbarn hinüber, der ihr eine spannendere Welt erschließt, als das, was die Schule zu bieten hat, die Welt von Poesie und Fantasie.
Der Pilot ist niemand anders als Saint-Expupéry, der dem Mädchen die Geschichte vom kleinen Prinzen erzählt. Der muss allerdings gesucht werden. Das wird eine abenteuerliche Geschichte, die mit einem Flug beginnt. Das Flugzeug landet mitten im Verkehr einer Großstadt mit Hochhäusern.
Der Prinz, der Herr Prinz, arbeitet als Hausmeister. Er ist gerade dabei, auf dem Dach eines Wolkenkratzers die Kamine zu reinigen und ständig bricht sein Besen.
Später landen das Mädchen und der Prinz und der Fuchs in einer Recycling-Anlage. Oben kommen Fahrräder rein, unten Büroklammern raus. Und schon ist ihr Flugzeug dabei, geschreddert zu werden. Was in letzter Minute noch verhindert wird, so ganz übliche Abenteuergeschichte halt, die mit der wunderschönen Geschichte vom Kleinen Prinz und der merkwürdigen Weltdistanz von Saint-Exupéry und der fliegerischen Freiheit seiner Phantasie so gar nichts zu tun hat.
So wenig wie der Schwall von Musik teils aus dem Schlagersegment, der über all das gelegt wird und genauso wenig das auch hier nur lichtschluckende und überflüssige 3D der Angelegenheit Faszination zu verschaffen imstande sind, kommt lustmindernd die deutsche Sprecherspur hinzu, die zwar einen passablen Erzähler hat, aber sonst so nicht Fisch und nicht Fleisch ist, die auftrumpft mit den Stars Til Schweiger und Matthias Schweighöfer, was im Hinblick auf die englische Originalvertonung schmerzhaft die Defizite deutscher Sprecherkultur deutlich macht; ein Ohrenschmaus ist diese Synchronisation nicht.