Die spannendste Figur in diesem Film von Pascal Plisson (der die mit seinem Auf dem Weg zur Schule geschürte Postkartenfotografie-Erwartungshaltung unterläuft) ist eine Nebenfigur, der Vater des 12jährigen Albert auf Kuba. Ihm beim Kampf seines Sohnes, der darüber entscheidet, ob dieser an die nationale Boxschule aufgenommen wird, zuzuschauen, das ist Kino pur, der ist vom Aussehen her ein markiger Kinotyp eher alter Schule und vor allem, was in ihm abgeht, wie er mitfiebert in der Hoffnung, sein Sohn werde siegen und damit das Eintrittsbillet in die Schule schaffen, um seine eigenen die Träume zu erfüllen, das ist ein Hingucker.
Spannend in der Kubaphase ist noch eine Nebenfigur. Das ist der Freund von Albert, sein Kumpel, sein Coach, der am Schluss altklug meint, er habe einen Freund verloren und dafür einen Meister gewonnen (so träumt sich Plisson wohl die Weisheit eines kubanischen Jungen).
Plisson hat sich dieses Mal vier Teens schön über den Globus verteilt vorgenommen, die auf eine wichtige Schwelle auf dem Weg zu einer Karriere sich befinden, die ein besseres Leben als das zuhause verspricht. Er begleitet sie, wie sie darauf hinarbeiten, um dann noch kurz zu skizzieren, wie die Resultate sind und wie es weitergeht.
In Indien möchte die Tochter eines Rikschafahrers Ingenieur studieren, dazu muss sie es mittels eines speziellen Förderprogramms an eine vorbereitende Schule schaffen.
In Afrika will ein junger Mann Ranger in einem Naturreservat werden.
In der Mongolei möchte ein Mädchen auf einer Zirkusartisten-Schule aufgenommen werden und der kubanische Junge soll Vaters Traum vom Boxweltmeister erfüllen.
So weit so prosaisch, so alltäglich, so normal, eine Schwelle im Leben, die der überwiegende Teil der Menschheit einmal oder immer wieder zu bestehen hat. Plisson möchte mit seinem Film Hoffnung machen und deutlich werden lassen, wie wichtig Bildung sei und dass es für die Besten Wege gibt, sich gesellschaftlich nach oben zu verbessern.
Die Beispiele sind willkürlich gewählt oder nach undurchsichtigem Modus, hoffen wir nicht, dasss Plisson der chronischen Dokumentaristen-Reiselust erlegen ist und sich darnach die Motive ausgesucht hat. Er scheint allerdings mit seinem Projekt recht überfordert zu sein, dürfte es mit diesem Dokumentarfilm, der mit schmalzigster Musik sentimental dick unterlegt ist, an keine renommierte Filmschule schaffen.
Er hat sich das unsägliche asthmatische Fernsehprinzip des Ineinanderzopfens der vier Geschichten, die keinen Bezug zu einander haben, zu eigen gemacht, dieses noch mit willkürlichen Schnitten unangenehm gestaltet.
Während in seinem ersten Film außerordentliche Schulwege von einigen über den Globus verstreuten Kindern ständig Bewegung erzeugten, fällt diese hier weg. Stattdessen inszeniert Plisson verkrampft mit seinen Darstellern Alltag nach, Gespräche bei Tisch oder vorm Zubettgehen, Gespräche mit den Trainern und Lehrern, ein konfuser Mix aus meist unergiebigen Situationen, der seine beabsichtigte These nicht vermitteln kann.
Auch ist die Berichterstattung unkritisch, denn gerade so hochgezüchtete artistische Quälereien, und es schaffen es dann nur sehr wenige, haben ihre bedenklichen Seiten. Das gilt aber auch für den Sport.
Plisson wirkt hier von seiner eigenen Themenstellung ins Rudern gebracht. Inszeniert steif das Leben der Leute nach, wählt die Szenen nach einer einfallslosen Dramaturgie aus und in Indien dreht er ausgerechnet in Varanasi, um noch die berühmte Ganges-Stelle, wo die Leichen verbrannt werden, ins Bild zu bringen, vollkommen zusammenhangslos, was das Motiv seiner dortigen Protagonistin betrifft, das riecht nach billiger Effekthascherei und nach Tourismusdokumentarismus.