Produktionszwang.
Große Studios wie Pixar müssen ihre Maschinerie am Laufen halten, müssen ständig neue Filme herausbringen, Blockbuster am Besten, müssen die Menschheit beglücken und Umsatz generieren. Also müssen sie neue Geschichten erfinden, neue Titel, Arlo & Spot ist nun nicht unbedingt ein assoziationsstarker Titel, Ariel und Sport oder Algorhythmus und Spott, hm, da kann man sich so gar nichts drunter vorstellen.
Die Story wird vorsichtshalber vor über 50 Millionen Jahre angesiedelt. Das erlaubt spekulative Freiheit in der computergenerierten Gestaltung von Saurierviechern. Das wars dann schon mit der künstlerischen Freiheit. Denn die Geschichte soll sich ja verkaufen.
Also Nummer sicher statt Freiheit und Fantasie. Rückgriff auf die klassische Geschichte von der Reise in den mythischen Wald und gereifte Rückkehr in den Schoss der Familie.
Familie ist das A und das O eines solchen Kinderfilmes. Immer wieder fürsorglich umfangende Gesten zwischen computergenerierten Wesen. Beginn mit der Idee, sein Gärtchen zu bestellen, sein Haus, eine Familie zu gründen. Herr und Frau Saurier haben das schon hinter sich. Drei Tiere sind kurz davor, aus den Eiern zu schlüpfen, um gleich Liebe zu verlangen oder herumzutollen. Mei wie süß, mei wie niedlich. Der Niedlichkeitsfaktor ist in solchen Tier- und Familienfilmen nicht zu unterschätzen, wie der süchtig machende Zucker im Kaugummi oder in den Bonbons.
Die Saurierfamilie lebt landwirtschaftlich ordentlich. Sie haben ein Maisfeld. Mit ihren Schnauzen ziehen sie die schnurgeraden Furchen zur Anpflanzung von Mais. Dann muss der Mais geerntet und in einem Silo aus Steinen vor Schädlingen gesichert werden. Wenn die Eltern ihr Erntewerk vollbracht haben, tun sie das mit einem Abdruck ihrer Pfoten auf einem Silostein kund. Erinnert an die Abdrücke, die Stars am Hollywood-Boulevard den staunenden und bewundernden Zeitgenossen hinterlassen. Oder auch an Orden aus der Denklage des Militärischen oder Güte-Siegel à la TÜV. Bierernst biederbürgerlich. Auch die Kinder dürfen nach einer Prüfung stempeln. Aber dem Kleinsten, das ist Arlo, gelingt seine Aufgabe, den Schädling nach einer Methode aus Ritterfilmen zu fangen, nicht.
Der Vater nimmt Arlo mit zu einem Ausflug in die Umgebung, den Fluss entlang. Der schwillt plötzlich an, reißt den Vater mit. Auch der Tod kann ein Thema in Kinderfilmen sein oder ein Insekt, das geköpft wird, das machen Kinder ja auch. Jetzt ist Arlo allein. Zu ihm gesellt sich der Schädling Spot; das ist die Miniausgabe eines Früh- oder Ur-Neanderthalers mit Höschen, das sich auf allen Vieren bewegt wie ein Äffchen. Die beiden haben für die Geschichte Weggefährten = Freunde zu sein und begeben sich auf ein gefährliches Roadmovie; die Diskrepanz zwischen Klein und Groß und das Thema Freundschaft gehören zum Must der Ausstattung eines solchen Familienfilmes.
Sie haben im folgenden viele Begegnungen mit computergenerierten Wesen in Zamperl-, Wurzelsepp- oder Neanderthalerästhetik, was nicht unbedingt der Geschmacksbildung junger Menschen dienlich ist.
Das Schöne beim Animationsfilm ist, dass jede Aktion und jede Reaktion, jede Gefahrenstelle und jeder Gag ganz genau ausgeklügelt und pointensicher inszeniert wird, hier von Peter Sohn nach dem Drehbuch von Meg LeFauve.
Damit der Film nicht zu kurz wird und die Heldenreise gut auszukosten ist, schwemmt das nächste Hochwassser Arlo und Spot weit weg von zuhause, so dass sie einen lange Rückweg mit vielen Abenteuern und Gefahren und weiten Prärien vor sich haben. Die sind zauberhaft schön, diese Wildwestlandschaften, so schön, dass die Zeichner nicht umhin konnten, auch noch eine Büffelherde mit urzeitlichen krokodilartigen Cowboys samt Lagerfeuerromantik an den Computern zu entwerfen.
Damit es allerdings nicht zu gemütlich wird, setzen die Zeichner und Autoren noch einen Angriff von bösen Vögeln dagegen, und wen im Publikum wird es nicht freuen, wenn Spot, der auf einem einsamen Baumstamm gegen sie kämpft, einem solchen ein Loch in den Flügel beißt, so dass er beim Abflug umgehend in den Fluss stürzt.
Dann edlich tauchen am Horizont die heimatlichen Bergzacken auf und über einige Nebelpassagen hat der Jungsaurier seine Heldenreise überstanden und darf dem Getreidesilo seinen Pfotenstempel aufdrücken nach herzzerreißender Begrüßung durch seine Mutter und die beiden älteren Geschwister.
So ist nach 90 oder 100 Minuten die Welt wieder in Ordnung. Und hoffen wir, die Kasse der Inhaber der Pixar-Studios auch.