The Diary of a Teenage Girl

Es gibt keine Rezepte, wie ein Mädchen vom Girl zum (entjungferten) Doll werden kann. Eine jede kann es nur einmal ausprobieren.

Minnie (Bel Powely) geht das rational, intellektuell an. Kein Wunder, wächst sie mit ihrer Hippie-Mutter Charlotte (Kristen Wiig) auf, bei der Partys und Koks selbstverständlich sind. Vater Pascal, der unbedingt Dad genannte werden möchte von Minnie und ihrer kleinen Schwester, ist längst weg. Mutter ist mit dem sportlichen, männlichen Monroe (Alexander Skarsgard) zugange.

Der ist kein Kostverächter und merkt bald, mit welchen Augen Minnie ihn anschaut. Minnie ist präpariert. Ganze Zeichenblöcke hat sie mit Zeichnungen von sich und vom Sex und von erigierten Pimmeln gezeichnet.

Bei ihrem ersten Beisammensein hat er ihr schon nach zehn Minuten gestanden, dass er einen Steifen habe und geküsst haben sie sich auch. Nach einer Viertelstunde ist die Affäre entflammt, die junge Frau entjungfert.

Dass sie das alles intellektuell angeht, wird ersichtlich daraus, dass sie die Dinge nicht nur mit ihrer Freundin bespricht, sondern dass sie auch gerne ihren Text auf einen kleinen Rekorder aufspricht. Aus diesem Grund stellt sie fest, dass sie sich sehr einsam fühlt. Besonders attraktiv vom Gesichtspunkt der Schulmädchenreporthaftigkeit her ist sie auch nicht.

Es grenzt an eine komische Nummer, wenn sie versucht, diesen weiblichen Arschwackelgang zu performen. Was sie allerdings nicht daran hindert, aus Jux und mit ihrer Freundin zusammen, auf diese Art und Weise zwei junge Typen in einer Bar anzumachen und ihnen einen Blow-Job gegen Geld anzubieten. Wonach sich die beiden Freundinnen einvernehmlich entschließen, sich dabei nicht so richtig wohl gefühlt zu haben.

Lange lässt sich die Affäre zwischen Monroe und Minnie vor ihrer Mutter verheimlichen, die auch weiterhin mit Monroe zugange ist und auch noch ihren Job verliert. Denn es gibt die Wohnung von Monroe und auch ein Boot, wo man sich diskret vergnügen kann.

Vielleicht führt gerade diese rationale Behandlung der Sexgeschichten, die intellektuelle Distanz, die zwar mit dem enormen Hunger nach Berührung einhergeht, zur Einsamkeit und damit zu Gefühlsausbrüchen des Elends und der Jämmerlichkeit.

Die Regisseurin Marielle Heller, die auch das Drehbuch nach dem Roman von Phoebe Glöckner geschrieben hat, setzt gegen diese intellektuelle Durchdringung der Sexgeschichten, gegen diese Rationalität im Umgang damit auf Verbrämung mittels vieler Kamera-Unschärfen, Bildschummrigkeiten oder wie hinter Milchglas, dazu noch in einem eher schweren 1976er Setting, worauf viel Mühe gelegt worden ist, um Mittel der Distanzierung zu aktivieren und auch dazu Animationen mit Schmetterlingen und Ego-Double oder Minimännchen und Flügeln. Nicht zu vergessen, das war die Zeit, als bei uns die Schulmädchenreporte florierten – wie die sich unterscheiden. Diese hatten den Report im Hinterkopf, Minnie die eigene Geschichte.

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