Bekannt ist das Flüchtlingsproblem schon seit einigen Jahren, diesen September hat es auch Deutschland voll erwischt mit der Öffnung, man kann es nicht mehr ignorieren.
Hier geht es um die Überwindung der Grenze von der Türkei nach Griechenland und somit in den Schengen-Raum. Exakt hier spielte schon Nacht, Grenze, Morgen und hier am Evros spielt auch der fiktionale Film von Panos Karkanevatos, der als kinoerzählerische Mittel seiner elliptisch-fragmentarischen, beinah impressionistisch zu nennenden Erzählform auf die milden Lichtreize, die Grenzflusslandschaft und die ungekünstelte Sinnlichkeit seiner pirma ausgewählten und zu natürlichem Spiel verführten Darsteller setzt.
Der Film ist den unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen gewidmet, die sich aus Kriegs- und Krisenländern auf diesen gefahrenvollen Weg auf der Suche nach einer Zukunft begeben und ein solcher, der die lebensgefährliche Flucht über den Evros überlebt hat, wandert zwischen die anderen Grenzimpressionen geschnitten über Land, mutterseelenallein durch Griechenland. Ihn hat die Schleuserin bei einer Flussüberquerung verloren, das Schwesterchen dürfte ertrunken sein, die Mutter wohl auch; dafür hat sie den freiwilligen Grenzsoldaten Yannis und Minenräumer – die Minenfelder stammen von 1974 wird eingeblendet – kennengerlernt, der ihr einen sicheren Weg für künftige Schleusungen durch ein Minenfeld zeigen will.
Die Begegnung zwischen der pragmatisch handelnden Mutter eines Kleinkindes, die sich um zu überleben auf das Schleusergeschäft einlässt und die wegen des Personenverlustes, den wir im Film peripher mitbekommen, den türkischen Oberboss der Schleuser und zugleich Drogendealer am Hals hat, weil Personenverlust schlecht fürs Geschäft ist, zwischen dieser Frau und Yannis, dem sensiblen, der mit dem 7. Sinn für Minen ausgestattet ist, wird es eine Liebesgeschichte auf vermintem Feld.
Ein Liebesfilm, der verträumt bis poetisch behutsam ein Licht wirft auf eines der brutalsten Themen unserer Zeit und dessen ruhige, grandios fotografierte Geschichte erst am Schluss einer nachrichtentauglichen Alltagsfotografie weicht, wenn es ums Shopping für das eben erstandene Flüchtlings-Adoptiv-Baby oder die Fahrt zum Staatsanwalt geht (der Drogenboss hat Yannis einige Packungen Koks ins Auto geschmuggelt, um ihn zu verpfeifen); wobei der grelle Exkurs auf das Minenfeld, der den ganzen Wahnwitz dieses Kriegsmittels in dramatischen Bildern festhält, von dieser alltags-tv-haften Erzählweise ausgenommen ist und wie ein aufgeregter Bericht des Urhebers eines Sensationsberichtes wirkt.
Seine Stärke bezieht der Film aus seinem vorherrschenden Verzicht auf Dramatisierung und Aufgeregtheit (siehe die erwähnte Ausnahme), mit dem Fokus auf der Alltäglichkeit und Eingebettetheit in einer großartige, kinoaffine Landschaft.