Die Mutter ist an allem schuld, Frau Landberg, sie ist die heimliche Hauptakteurin in diesem Film von Tom Sommerlatte. Eine deutsche Produktion in Frankreich. Mutter ruft zwar einmal an, aber wir erfahren nicht, was sie sagt und einmal reden ihre beiden missratenen Söhne, die die Hauptakteure sind, über sie, Matthias und David, Sebastian Fräsdorf und Godehard Giese.
Matthias ist der Parasit in der Familie, liebt das holde Nichtstun und das Rumhängen mit seiner französischen Freundin Camille, Alice Pehlivanyan, und deren kleinen Buben Etienne im französischen Feriendomizil der Familie Landberg, einem großzügigen Haus mit Terrasse, viel Umschwung und ausgedehntem Swimmingpool.
Wovon Matthias nun genau lebt, wird nicht klar. Er wird über das Nicht-Rasenmähen-Wollen charakterisiert als unlustig zum Arbeiten. Auch von seiner Freundin gibt es keine Andeutungen, dass sie ein Händchen fürs Haushalten oder die Blumenpflege habe; in einer Szene, in der sie Salate vorbereitet, Tomaten schneidet, wirkt das merklich bemüht.
Umso krasser erscheint dagegen der Zustand des Hauses. Als sei es frisch tapeziert worden mit lauter Blumen-, Blumenranken- und Blümchen-Tapeten, auch die Wände wirken frisch und makellos gestrichen. Überhaupt muss innenaustatterisch eine starke Hand am Werk gewesen sein, vermutlich die ominöse Mutter, wo immer es möglich ist auf Tischdecken, Vorhängen, Bettdecken, Kissen, Vasenfüßen und Lampenschirmen, Konfektdosen, Geschirr und Wandbilder sind Blumenmotive drauf und die doch so lausig geschilderten Bewohner scheinen einen Heidenrespekt davor zu haben, so gut erhalten ist das alles, ja die Französin treibt es soweit, ein Bikini-Oberteil mit Blumenmuster zu tragen – hat sie sich das von der Schwiegermutter in Spe aus dem Schrank geliehen?
Andererseits scheinen die Akteure keinerlei Bezug zu dieser aufdringlichen Ausstattung, die meist das krampfige Spiel übertönt, zu haben. Sie ziehen ihren Rollenschuh runter ohne Rücksicht auf die Kulisse. Hier scheinen Gewerke aneinander vorbeigearbeitet zu haben. Aber so wirkt auch das Ensemble. Wie kann man so eines zusammenstellen, was auch nach anderthalb Filmstunden immer noch nicht wie ein Ensemble wirkt?
Bald schon trifft nämlich am Ort des Geschehens, einen anderen gibt es in diesem Film nicht, der ältere Bruder von Matthias mit seiner deutschen Freundin Lena, Karin Hanczewski, ein. Da Tom Sommerlatte offenbar einen Film über einen Bruderkonflikt machen wollte, lässt er David, den älteren, der immer perfekt sein soll, der heimlich hoch verschuldet ist, den großen Macker spielt und der größte Probleme mit der erwünschten Zeugung eines Kindes mit seiner Freundin hat, wahrscheinlich der bösen Mutter, Frau Landberg wegen, eine Woche zu früh am Familienferiensitz in Frankreich auftauchen. Das führt gleich zu Krach und zur Erklärung des Filmtitels, denn Matthias bewohnt das Jahr über das Zimmer seines älteren Bruders im oberen Stock. Jetzt wird er hauruck rausgeschmißen und muss unten wohnen und den kleinen Buben der Freundin soll er auch zu dessen Vater schicken.
Den Rest des Filmes gilt es nun mit Szenen zu füllen, die diesen Konflikt illustrieren, thematisieren auf gut deutsche Antikinoart und besprechen, alle paar Minuten sind die Akteure beim Essen und müssen in verschiedenen Kombinationen versuchen, Szenen nach dem hirnigen Drehbuch zu spielen.
Aus irgend einem Grund muss Lena noch über das Spielzeugauto von Etienne stolpern, so wie sie es macht, müsste sie sich das linke Bein verletzt haben; sie aber hupft durch den Rest des Filmes mit einem Kniestützverband am rechten Bein und an Krücken – und man kann nur vermuten, dass die weise Mutter Landberg all diese Gesundheitsrequisiten vorsorglich in ihrem Ferienhaus auf Reserve hält.
Es scheint als wolle dieser Film die These unterstreichen, wenn deutsche Filmemacher in Frankreich drehen, dann drücken sie damit vor allem und am lautesten die Sehnsucht nach Kinokultur aus; beweisen gleichzeitig, wie recht sie haben und wie wenig sie von einer solchen beleckt sind.