Everest

Mit Schmackes erzählt Baltasar Kormakur (Contraband) in dieser britisch-amerikanisch-isländischen Koproduktion nach einem Buch von William Nicholson (Mandela, der lange Weg zur Freiheit und Unbroken) und Simon Beaufoy (Die Tribute von Panem – Catching Fire, Lachsfischen in Jemen, 127 Stunden) – also ein Film nicht von schlechten Eltern – ganz pragmatisch wie dokumentarisch nach einer wahren Geschichte von einer geführten, massentouristisch organisierten Mount-Everest-Expedition des neuseeländischen Veranstalters „Adventure Consultants“ – Teilnahmekosten bis zu 75’000 Dollar – einer Expedition aus dem Jahr 1996, als sich die konkurrierenden Expeditionen im kleinen Zeitfenster, in welchem eine Gipfelbesteigung überhaupt möglich ist, bereits auf die Füße treten, und die nicht gut ausgegangen ist.

Die Filmemacher beschönigen nichts. Sie büscheln und straffen lediglich das Faktenmaterial zu einer spannenden Kinoerzählung. Kurze Vorstellung von einigen Teilnehmern, besonders von Rob, dessen Frau schwanger ist und die damit rechnet, dass er zur Geburt längst zurück sein wird. Später lernen wir noch die Familie des Texaners kennen, Frau und zwei pubertierende Kinder. Einige Infos über die Expedition, kurze Impressionen vom Start in Neuseeland.

Schnell gewinnt der Film an Höhe, das flutscht, immer wieder Infos eingestreut, über die Anpassung an die Höhe, über die Trainings, die Hoffnung, dass dieses Jahr wenigstens einige Teilnehmer der „Adventure Consultants“ den Gipfel erreichen, weil das die letzten Male nicht der Fall gewesen sei, aber wichtig fürs Geschäft. Das Zusammentreffen mit den anderen Expeditionen, das Streitpotential wegen des knappen Zeitfensters.

Das Erreichen des ersten Basislagers über schwindelerregende Hängebrücken, hier dürfte eine Kamera an einer Flugdrohne eingesetzt worden sein; die wird uns später noch Einblicke in tiefe Abgründe geben. Die Absprachen der verschiedenen Expeditionen untereinander. Überhaupt erfährt man ganz locker und nebenbei einiges über den gewaltigen Material- und Organisationsaufwand solch kommerzieller Extremsport-Expeditionen für jedermann.

Erste Schwierigkeit. Einer bleibt auf einer Leiter stecken über tödlichem Abgrund. Kitzel. Unversehens ist der 10. Mai da, der Tag, an dem der Gipfel genommen werden soll. Die größeren Probleme bereitet der Abstieg. Die Filmemacher mischen wohldosiert immer wieder die Gefahr der Natur dazwischen, Lawinenabgänge, Staublawine, Sturm, Schnee, Kälte. Nie bekommt der Zuschauer den gemütlichen Eindruck von Studiobiwacks; diese Filmemacher schaffen die perfekte Illusion eines Tatsachenberichtes, der unter realen Bedingungen hergestellt worden ist; heben sich dadurch vorteilhaft ab von diversen Bergsteiger-Filmen der letzten Jahre, der übermäßig gelobten „Nordwand“ von Philipp Stölzel, der ist ein betulicher Spaziergang dagegen, zu schweigen vom peinlichen Nanga Parbat von Joseph Vilsmaier aber auch den ganzen Rekordbergsteiger-Filmen, die ein Getränkehersteller sponsert und die primär an Rekorden interessiert sind, Aufschneiderfilme und nur mit Samthandschuhen auf die Gefahren hinweisend oder sie sensationsausschlachtend. Während hier eine Art Industrie-Reportage vor uns liegt; in der auch die deutsche Synchronisation hervorragend aufgeht und 3D immerhin nicht stört.

Die Frage wird gestellt, warum machen die Menschen das, warum gehen sie dieses lebensgefährliche Risiko ein: ein Postbote zum Beispiel. Und was der Film auch vermittelt: ein Absturz ist gar nicht spektakulär, der geht ganz schnell und unauffällig vorbei. Und dann ist ein Mensch nicht mehr. Das ist beklemmend.

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